Bevor sich Klaus Borowski im kommenden Jahr in den Ruhestand verabschiedet, beglückt uns Autor Sascha Arango mit seinem insgesamt stärksten Fall, auch wenn der „stille Gast“ das sicher ungern hören wird. Warum bei diesem „Tatort“ selbst das kleinste Detail stimmt, erfahrt ihr in Mareks Kritik zur Episode „Borowski und der Wiedergänger“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort: Borowski und der Wiedergänger“?
Nachdem uns die ARD im vergangenen Jahr einige ganze Reihe fauler Eier ins Nest gelegt hat, ist es nur verständlich, dass sich so mancher Fan von der sonntäglichen „Tatort“-Sichtung verabschiedet hat, schließlich gibt es neben der Konkurrenz im linearen Fernsehen auch noch Netflix und Konsorten. Wer allerdings noch etwas Liebe für Deutschlands nach wie vor erfolgreichste Krimi-Reihe übrig hat, sollte an diesem Sonntag unbedingt einschalten. Und das, obwohl Axel Milberg am Anfang gar nicht zu sehen ist.
Dramaturgisch als Hommage an die 1970er-Jahre angelehnt, dreht sich zunächst alles um die verhinderte Künstlerin Greta, die im echten Leben zur Unternehmerin des Jahres gekürt wurde und eines Nachts mit ihrem Pokal wie von Sinnen auf einen vermeintlichen Einbrecher eindrischt. Erst als am nächsten Morgen von ihrem Ehemann jede Spur fehlt, betritt der in Ehren ergraute Kommissar das luxuriös ausgestattete Spielfeld und erschießt in bester Western-Manier eine ihn störende Presse-Drohne. Allein dieser lustvoll zelebrierte Unsinn würde im Kino den Kauf einer Eintrittskarte rechtfertigen, bildet hier aber nur den harmlosen Auftakt eines so spannenden wie irrwitzigen Krimis, der mit einem der schönsten Täuschungsmanöver ausgestattet ist, das je an einem Sonntagabend zu bestaunen war.
Dass uns Klaus Borowski nach seinem nahenden Abschied fehlen wird, liegt natürlich an vielen gelungenen Kieler Krimis, dieser „Tatort“ überragt sie allerdings alle und damit selbst die legendären Folgen mit Lars Eidinger alias Karl Korthals. Weitere prominente Gaststars findet ihr im Video.
Worum geht es im „Tatort: Borowski und der Wiedergänger“
Hat die stinkreiche Exzentrikerin Greta ihren untreuen Gatten des Nachts erschlagen oder sollen uns die ersten Minuten des neusten Kieler „Tatorts“ einen Bären aufbinden? Fakt ist jedenfalls, dass Tobias Exner verschwunden ist und seine Ehefrau selbst die Polizei gerufen hat. Die erscheint in Form von Klaus Borowski und Mila Sahin und wundert sich zunächst über die skurrilen Lebensumstände ihrer Familie, inklusive daueranwesendem Hausfreund und borniertem Berater, der bereits am Vormittag ein frisch gezapftes Pils genießt, ohne, dass irgendwer darüber die feine Nase rümpfen würde.
Stören tun sich Gretas nicht minder extrovertierten Eltern hingegen am ungeliebten Schwiegersohn, in dem sie einen schnorrenden Nichtsnutz sehen, der nun glücklicherweise vom Erdboden verschlungen wurde. Verdächtig sind die beiden allerdings kaum, dafür finden Borowski und Sahin heraus, dass der notorische Fremdgänger nicht nur regen Kontakt zu einer gewissen „Kitty13“ hatte, sondern mit seiner Bekanntschaft auch plante, seine Ehefrau zu ermorden, um ihr und ihrer Sippschaft zu entfliehen. Hat Greta etwa den Braten gerochen und den Spieß umgedreht?
Mareks „Tatort“-Kritik: Hier stimmt einfach alles
Wer es sich leisten kann, die große Victoria Trauttmansdorff nur für eine kurze Szene durch Borowskis Wohnung feudeln zu lassen, muss schon einiges auf dem Kasten haben, was zum Glück auf alle Beteiligten dieses denkwürdigen „Tatorts“ zutrifft. Cordelia Wege als mordverdächtige Femme fatale, Karin Neuhäuser und Stephan Bissmeier als ihre dekadent versponnenen Eltern sowie Axel Milberg in seiner Paraderolle sind allesamt eine Wucht, das Prunkstück ist allerdings das clevere Drehbuch von Sascha Arango und seine brillant geschliffenen Dialoge, die keinen einzigen Misston aufweisen.
Gekonnt balanciert die auf den ersten Blick einfach gestrickte Kriminalgeschichte zwischen Thriller und Komödie und schlägt dann doch einige ungewohnte Haken, von denen einer zum wohl spektakulärsten zählt, was der „Tatort“ in seiner langen Historie zu bieten hat. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass die oftmals eher aufgesetzt wirkende Spielerei mit verschiedenen Erzählebenen und den sich daraus ergebenden Zeitsprüngen niemals wie ein Fremdkörper wirkt, sondern maßgeblich zu den vielen Aha-Erlebnissen beiträgt, die spätestens im letzten Drittel auf uns einprasseln.
Bleibt am Ende nur zu konstatieren, dass die ebenfalls großartige Almila Bagriacik diesmal ein wenig in den Hintergrund rückt, was allerdings zu verschmerzen ist. Schließlich gehört ihrer Kommissarin Mila Sahin die Kieler Zukunft. Um die muss sich nun wirklich niemand Sorgen machen.
Der „Tatort: Borowski und der Wiedergänger“ wurde am Sonntag, dem 3. März 2024 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt für sechs Monate in der Mediathek als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes geht es nach Wien zu Bibi und Moritz und dem ebenfalls gelungenen „Tatort: Dein Verlust“.