Jodie Foster als Kyle Pratt im winterlichen Berlin: Ihr Gesicht ist blass, schmal, zum Zerreißen angespannt. Aus ihren blauen Augen blickt die Panik, weiter funktionieren zu müssen. Wieso ist ihr Mann vom Dach gefallen, wieso hätte er sich umbringen wollen? Als sie ihre Tochter zu Bett bringt, sieht sie am Fenster gegenüber zwei Männer stehen. Jede Einstellung spiegelt Kyles Angst, Trauer, Einsamkeit.
Doch am nächsten Morgen macht Kyle ihrer Tochter Mut, ins Taxi zu steigen, tröstet sie, als Julia den Sarg des Vaters auf dem Flughafen sieht. Gehen wir schlafen, und wenn wir aufwachen, sind wir schon ganz woanders, schlägt sie vor.
Dann das Erwachen ohne Julia, drei Stunden später. Kyle spricht die Stewardessen an, sie geht durch die Passagierräume auf den zwei Stockwerken, öffnet Türen, kollidiert mit dem Personal. Sie merkt, dass die Stewardessen von ihr irritiert sind, und versucht, höflich und ruhig zu bleiben. Sie beschreibt ihre Tochter, sie bittet um eine Lautsprecherdurchsage. Die wird ihr eher gönnerhaft gewährt, das Personal will endlich Ruhe. Eine Stewardess belästigt sie mit belangloser Konversation. Eine andere fordert, sie solle sich wieder auf ihren Platz zu setzen.
Ein Suspense-Thriller im Flugzeug über den Wolken, eine panische Mutter, der niemand glaubt, solche Stoffe haben nach dem 11. September 2001 anscheinend eine Garantie auf Publikumsinteresse. In den USA setzte sich Flightplan Ohne jede Spur auf Anhieb an die Spitze der Kinocharts. Jeder, der die Hoffnung als Flugpassagier kennt, es möge bitte an Bord keine Zwischenfälle geben, verspricht sich höchste Spannung von einem Stoff wie diesem, den der deutsche Regisseur Robert Schwentke für Hollywood inszenieren durfte. Und wenn dann noch Jodie Foster die Hauptrolle spielt...
Kyle Pratt ist so tief verstört, dass sie selbst im Flugzeug, welches sie in- und auswendig kennt, wie eine Verlorene herumirrt. Jodie Foster hat keine Scheu vor der Angst und Anspannung dieses Charakters, sie spielt ja stets Figuren, die für innere Unabhängigkeit mit vorübergehender Einsamkeit bezahlen. Das prädestiniert die zweifache Oscargewinnerin für weitere Stoffe wie Panic Room. Und sie spielt auch diesmal mit diesem introvertierten, leicht spröden Charisma, für das sie das Kinopublikum seit Jahrzehnten liebt.
Und damit ist über den Film auch schon das meiste gesagt, ohne den Ausgang der Geschichte verraten zu müssen. Interessanter ist sowieso die lange Phase, in der Kyle um Glauben kämpft, und ihr die anderen den Verstand abstreiten. Sie bricht sogar in die Tränen aus, die die Psychologin an Bord von ihr einfordert. Das ist einer der stärksten Momente des Films.
Interessanter Seitenhieb auf die Paranoia vor arabischen Fluggästen mit Bärten: Kyle verdächtigt einen solchen, greift ihn an, findet sofort Beifall von einem anderen Passagier. Sie sagt, sie schere sich jetzt gerade nicht um politische Korrektheit.
Schwentke versteht sein Handwerk, er lässt an Bord eine Atmosphäre entstehen, die zwischen gedämpften Geräuschen, Vertrauen in das Funktionieren der riesigen Maschine, und einer irritierenden Anonymität, ja unterdrückter Angst schwankt. Eine nächtliche Aufnahme zeigt das Flugzeug von außen in einem zur Seite gekippten Bild, die Räder kommen auf der senkrechten Landebahn auf.
Doch sobald sich abgezeichnet hat, dass die Crew Kyle nicht glaubt und sie auf ihren Sitz verbannt, sinkt die Spannung. Mit einem erneuten Ausbruch Kyles steigt sie wieder, um dann erneut abzusacken, wie ein Flugzeug in Luftlöchern. Irgendwie muss der Flug, beziehungsweise der Film, ja weitergehen, und begibt sich damit in Widerspruch zur Tochtersuche.
Fazit: Witwe sucht ihre Tochter in einem Flugzeug, doch keiner hat sie dort gesehen: Suspense-Thriller mit kleinen Luftlöchern und einer starken Jodie Foster.