Die Jugendbande der Vorstadtkrokodile hat viele neue Anwärter, so den jungen Hannes und den im Rollstuhl sitzenden Kai. Doch ausgerechnet jetzt wird die Clique in einen kniffeligen Fall um eine Einbruchsserie verwickelt, die für die Kids zur Mutprobe der besonderen Art wird. Diese zweite Verfilmung der gleichnamigen Buchvorlage aus den 70ern modernisiert die immer noch aktuelle Geschichte über soziale Problematiken, von der Ausgrenzung von Behinderten und Immigranten bis zu häuslicher Gewalt und Armut. Auch die filmischen Mittel überzeugen mit einem eingängigen Soundtrack, jugendgemäße Sprache, abwechslungsreichen Settings und einer Kamera, die bei allen gefährlichen Unternehmungen den jungen Helden dicht auf den Fersen bleibt. Ein wunderbares Plädoyer für soziale Kompetenz und Solidarität, das nicht mit erhobenem Zeigefinger mahnt, sondern mit viel Spaß und rasantem Tempo auftrumpft. Eine Krimistory mit echtem Biss.
Jurybegründung:
In den Arbeiterquartieren am Rande einer westdeutschen Großstadt und in deren Umgebung sind sie zu Hause: die Vorstadtkrokodile, die coolste Kinder/Jugendbande der Welt. Auch Hannes, der mit seiner alleinerziehenden Mutter erst kürzlich zugezogen ist, will unbedingt dazu gehören. Um aufgenommen zu werden muss er allerdings eine gefährliche Mutprobe bestehen. Dabei gerät Hannes in Lebensgefahr und nur die gerade noch rechtzeitig eintreffende Feuerwehr verhindert ein großes Unglück. Gerufen wurde sie allerdings nicht von den mutigen Vorstadtkrokodilen, sondern von Kai, der ebenfalls neu im Viertel ist. Kai ist querschnittgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Mit seinem Fernrohr hat er beobachtet, wie Hannes vom Dach der alten Ziegelei abgerutscht ist. Auch Kai möchte gern Mitglied der Bande werden, schon allein um seiner überfürsorglichen Mutter zu beweisen, dass er in der neuen Umgebung Freunde finden kann. Hannes und auch Maria, das einzige Mädchen der Bande, wären einverstanden, doch die anderen Jungen wollen den „Spasti“ nicht dabei haben.
Aber dann wird Kai Zeuge, wie eines Nachts der Laden von Hannes Mutter überfallen wird und er hat Anhaltspunkte, wer die Täter sind und wo sie ihre Beute versteckt haben. So darf er bei den Krokodilen mitmachen und ihnen helfen, den Fall zu lösen. Als sich der Verdacht erhärtet, dass Dennis, der ältere Bruder von Bandenmitglied Frank, einer der Täter sein könnte, geraten die Krokodile in einen Loyalitätskonflikt: Hannes und seiner Mutter helfen oder Frank und seinen Bruder schützen. Erst als Dennis und seine Kumpanen Kai überfallen und verletzen und darüber hinaus den Diebstahl einer Gruppe albanischer Kinder aus der Nachbarschaft in die Schuhe schieben wollen, beschließen die Krokodile, gemeinsam zu handeln und die wahren Diebe zu überführen. Es kommt zum spannenden Showdown.
Kinder- und Jugendbanden haben Konjunktur im deutschen Kino. Anders als Die Drei ???, Die wilden Kerle oder Die wilden Hühner sind Die Vorstadtkrokodile jedoch sozial fest verortet. Sie sind in einer Ruhrgebietssiedlung zu Hause, die Wohnverhältnisse sind eng und die Familien haben mit sozialen Problemen zu kämpfen. Die Kinder fahren Fahrrad oder Skateboard, die Klamotten sind nicht besonders „fancy“. Sie sind keine Superhirne oder Superhelden, sondern ganz normale Kinder von nebenan mit ihren Stärken und Schwächen. Nicht nur der Rollstuhlfahrer Kai, sondern auch Jorgo, der Grieche, Peter, der Stotterer, und Maria, das Mädchen, sind in die Gruppe integriert. Alle gemeinsam machen die Stärke der Vorstadtkrokodile aus.
Grundlagen des Films von Christian Ditter, der auch das Drehbuch geschrieben hat, sind der 1976 erschienene Roman von Max von der Grün, der in vielen Bundesländern Schullektüre war und die WDR-Verfilmung unter Regie von Wolfgang Becker. Christian Ditter ist eine zeitgemäße Adaption des Stoffes gelungen, mit dem sich Kinder von heute identifizieren können. Die sozialen Problemlagen und Gruppenkonflikte sind nachvollziehbar. Sie werden ohne pädagogischen Zeigefinger in die Handlung eingebunden und - soweit es in ihrer Macht steht - von den Kindern selbst gelöst. Der Umgangston ist authentisch und gut getroffen. Mit Vorurteilen gegenüber Menschen mit Behinderungen wird bewusst und offensiv gespielt.
Vor allem aber bietet der Film Spaß, Spannung und Abenteuer. Insbesondere die furiose Verfolgungsjagd im Rollstuhl ist perfekt mit der Kamera eingefangen. Die Filmmusik entspringt der modernen Jugendkultur, ist mitreißend und stimmig. Die spannenden Szenen wechseln mit Musikszenen, die zur Entspannung dienen und gleichzeitig die Handlung vorantreiben.
Die Kinderdarsteller sind gut ausgewählt und gut geführt. Die erwachsenen Rollen wirken demgegenüber weniger differenziert angelegt- wie Kais Eltern, gespielt von Maria Schrader und Smudo, oder der Polizist, gespielt von Ralf Richter. Sie bilden allerdings auch nur Randfiguren in einem Abenteuer, das ganz auf die Kinder ausgerichtet ist.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)