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„Searching“-Kritik: Ist das die Zukunft des Kinos?

„Searching“-Kritik: Ist das die Zukunft des Kinos?
© Sony Pictures

John Cho begibt sich auf der Suche nach seiner spurlos verschwundenen Tochter in die unendlichen Weiten des Internets. Und der Zuschauer ist bei jedem Klick dabei. Doch funktioniert dies auf der großen Leinwand?

Unsere heutige Zeit ist durchflutet von Bildschirmen. Sei es in den Büros, in den eigenen vier Wänden, per Second Screen, an Bahnhöfen, in Shopping Malls, in der Schule oder an der Uni. Da darf es neben all der Digitalität unserer Epoche nicht wundern, dass dieser Trend auch auf die Kinoleinwände übertragen wird.

Im Social-Media-Thriller „Searching“ erzählt Regisseur Aneesh Chaganty die komplette Handlung auf einem Desktop. Der alleinerziehende Familienvater David Kim (John Cho) pflegt ein inniges Verhältnis zu seiner 16-jährigen Tochter Margot (Michelle La) bis diese spurlos verschwindet. Im Allerheiligsten – dem Laptop seiner Tochter – begibt er sich auf Spurensuche.

Je weiter er sich in die Profile seiner Tochter hackt, desto mehr Fragen kommen auf. Wer hat sie zuletzt gesehen? Wer sind ihre Freunde? Wer kennt sie wirklich? Welche Geheimnisse verbirgt sie? Die ermittelnde Polizistin Rosemary Vick (Debra Messing) ermutigt ihn weiter zu graben um seine Tochter wiederzufinden und sucht indes fernab der Monitore nach Margot.

Social Media: Dein Freund und Feind

Mit jedem Klick kommt John Cho („Star Trek Beyond“) der Wahrheit näher. Dabei zieht er dank eines soliden Spiels den Zuschauer in seinen Bann. Seine Verzweiflung wird spürbar, die Stirnfalten runzelt er in der Webcam immer mehr. Und der Zuschauer wird durch seine Recherchen zum miträtseln animiert.

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Das Mosaik aus Datenüberflutung und Internetpräsenz auf verschiedenen Plattformen fügt sich langsam zu einem Gesamtbild. Nicht nur Margots Umfeld wird pauschal unter Verdacht gestellt, jeder Facebook-Freund kontaktiert, auch die Familienmitglieder bekommen ihr Fett weg. Investigation in Reinform könnte man meinen. Leider schwächelt mit zunehmender Laufzeit das Skript und bekannte Konventionen erhalten die Überhand.

Der Kommentar auf den heutigen Konsum im WWW gelingt dennoch tadellos. Anschuldigungen und Hilfsbekundungen von Unbeteiligten im Mantel der Anonymität häufen sich. Das mediale Interesse lenkt die Meinung einer Masse und wandelt sich hinter der Kamera auf den Tasten schnell in Desinteresse. Und getreu dem Motto „Das Internet vergisst nie“ wird die Suche nach Vermissten und Schuldigen in der Folge ein leichtes.

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Investigation - Made in America

Das herausragende Gimmick des Films ist zweifelsohne, dass die Handlung komplett auf dem Bildschirm stattfindet. Regisseur und ehemaliger Google-Mitarbeiter Aneesh Chaganty wandte hierfür die von Timur Bekmambetow („Wanted“) entwickelte Technologie des Screenlife an. Mit einer entscheidenden Änderung.

Interessierte Kinogänger haben Screenlife bereits in Aktion gesehen: Im Desktop-Schocker „Unknown User“ werden Teenager zuhause terrorisiert. Der Berlinale-Publikumsliebling „Profile“ von Bekmambetow selbst beschäftigt sich direkt mit dem Terror des IS. Beide Produktionen beschränkten sich hierbei auf einen Bildschirm an einem Ort. In „Searching“ wird uns durch Nachrichtenclips, YouTube und Facetime ebenso die Außenwelt vermittelt.

Auf Hochglanz poliert und irgendwie auch ein Hybrid zwischen iPhone- und Desktop-Film soll uns allumfassend das Bild der Gesellschaft geschildert werden. Typische Internettrolle, deplazierte Facebook-Likes, fragwürdige YouTube-Kommentare und als Krönung das Live Footage der Polizeiarbeit in den Morgennachrichten - in HD! „Viewers Discretion is advised“ züngelt die Moderatorin und zeigt den Clip des Suizids eines Tatverdächtigen. Das ist leider so amerikanisch, dass man sich fragt, ob weniger nicht mehr ist.

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Gerade in den Anfangsminuten wird dieses Credo wunderbar emotional zur Schau getragen, wenn durch Verschieben eines Kalenderbeitrags in den Papierkorb dem Zuschauer auf die Tränendrüse gedrückt wird. Man muss nicht immer sehen, wie sich die Geschichte dahinter entwickelt. Das Kopfkino ist stärker als das Gezeigte.

Screenlife – Die Zukunft des Kinos?

In einem Interview mit den Kollegen von Indiewire sprach Produzent Timur Bekmambetow hingegen über seine neue Technologie Screenlife und betont: „Das ist die Zukunft des Kinos!“ Bereits 50 neue Filme dieser Art hat er in Planung! Hat man erst einmal den „reinrassigen“ Desktop-Film „Profile“ gesehen, sieht man die Möglichkeiten des Mediums. Auch der iPhone-Film von Steven Soderbergh „Unsane“ bleibt in positiver Erinnerung.

Wo man sich als Zuschauer nach dem Hybriden „Searching“ positioniert, ist jedem Selbst überlassen. Das Narrativ nun auf die ohnehin vertrauten Bildschirme zu verlagern, ist immersiver und sicherlich auch interaktiver, als man es vom gewohnten Kino gewöhnt ist. Eine klare Vision und gute Story sollten in dieser Gleichung jedoch nicht fehlen.

Noch am Anfang dieser Technologie stehend, beweist „Searching“ jedoch gute Ansätze und einen erfrischend guten Kommentar auf Eltern-Kind-Beziehungen in der Digitalen Welt. Wahrscheinlich ist „Searching“ gerade deswegen für alle Neugierigen und verzweifelten Eltern einen Gang ins Kino wert – allein um in den Sozialen Medien mitsprechen zu können.

Fazit

Als moderner Detektivfilm ist diese Inszenierung wie geschaffen. Zuschauer rätseln bei jedem Klick mit, wie das Mysterium aufgelöst wird. Ein wunderbarer John Cho sorgt für Spannung und tröstet dank einer schön anzusehenden Vater-Kind-Beziehung über ein schematisches Thriller-Drehbuch hinweg.

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