101 Dalmatiner: Realverfilmung des berühmten Disney-Klassikers mit Glenn Close als Cruella de Vil.
Achtung, die Hunde sind los! Glenn Close („Eine verhängnisvolle Affäre“) entwickelt in dem Spielfilm-Remake des Disney-Zeichentrickfavoriten von 1961 als die hexenhafte (Hunde)Pelzliebhaberin Cruella De Vil eine fatale Attraktion für einen Wurf knuddeliger Dalmatinerwelpen. Für die Nineties-gerechte Drehbuchaufbereitung zeichnet John Hughes verantwortlich, der vor sechs Jahren verstand, mit „Kevin - Allein zu Haus“ das Genre Familienkomödie neu zu definieren - und dessen Faible für cartoonhaften Slapstick-Sadismus auch hier wieder ausgiebig zum Vorschein tritt.
Das Regieruder hält Stephen Herek („
Mighty Ducks - Das Superteam„) fest in beiden Händen. Jüngst mit seinem kraftvollen Drama „
Mr. Holland’s Opus“ zu Kritiker- und Publikumsehren gekommen, wendet er sich nun wieder seinen Family-Entertainment-Wurzeln zu: Selbst auf dünnstem Ploteis versteht er es, kunstvoll dargebotene Komödienpirouetten einfachsten Erheiterungsgrades zu drehen, wobei er sich auf den hohen Wiedererkennungswert der Geschichte verlassen kann, die nur geringfügig modifiziert wurde. Ein Teil des Spasses beseht ja gerade darin zu sehen, wie altbekannte Zeichentrick-Szenen im Liveaction-Format funktionieren.
Videospieldesigner Roger (Jeff Daniels nach „
Amy und die Wildgänse“ wieder auf festem Boden) und die Modezeichnerin Anita (Joely Richardson, Tochter von Vanessa Redgrave) werden sie von ihren beiden Dalmatiner Pongo und Perdi im Londoner Park kennen und heiraten kurz darauf. Bald erwarten beide Paare Nachwuchs. Anitas Arbeitgeberin, die extravagante Cruella De Vil (Close), hat es schon bald auf die Haut der 15 neugeborenen Welpen abgesehen und schickt ihre dumpfen Handlanger zum Hundenapping. Mit Hilfe vielzähliger Vertreter der örtlichen Tierwelt können die Dalmatiner-Eltern ihre verschleppten Sprößlinge auf einem verfallenen Landgut wieder auftreiben. Den Ganoven wird ihre Untat mit zahllosen Slapstick-Folterprozeduren vergolten, und Cruella stürzt nicht nur in einen Bottich aus Molasse, schließlich landet die Ausgeburt an Bosheit im Misthaufen.
Im Gegensatz zum Original wurde auf einen sicheren Niedlichkeitsfaktor verzichtet: Abgesehen von artgerechten Kommunikationslauten bleiben die Vierbeiner diesmal stumm, um, so Hughes, „realitätsgetreuer“ zu wirken. Des Menschen bester Freund in 101facher Ausführung ist dennoch einfach umwerfend süß, selbst wenn die 99 Welpen nicht viel mehr zu tun haben, als tolpatschig durchs Bild zu trappeln. Mit Hilfe von Jim Hensons Creature Shop wurden neben einigen animatronischen Puppy-Stand-Ins zudem noch etliche tierisch possierliche Sidekicks wie Mäuse, Vögel und Waschbären kreiert. Was die animalischen Stars an rührender Herzigkeit - nur ein Hundehasser könnte nicht von der Anhänglichkeit der Dalmatinereltern Pongo und Perdy angetan sein - zu bieten haben, kontert Close als diabolische Cruella De Vil mit genußvoll überspitzter Exaltiertheit. In grandiosen, auf Wespentaille geschneiderten Pelzkostümen verströmt sie bis in die bekrallten Handschuhfingerspitzen sinister-schrille Eleganz. Ihre boshaften Dialoge bellt sie mit der Liebenswürdigkeit einer bissigen Dogge, und ihre mit krachendem Donner untermalten Entrees könnten so manches Kleinkind in Angst und Schrecken versetzen. Besonders ins Auge sticht darüber hinaus das hervorragende, durchgestylte Produktionsdesign - ein optischer Hochgenuß. Ob die neue Version nun eine Verbesserung zum Original darstellt, sei dahingestellt, doch im Zuge massiver Crosspromotion und dem unwiderstehlichen Reiz der Hundebabys wird ein kommerzieller Sieg nach (Dalmatiner-Fell-)Punkten unter keinen Umständen zu verhindern sein. ara.