White Deer Plain: Historisches, chinesisches Drama über zwei Großfamilien, die die politischen Wirren des frühen 20. Jahrhunderts in China durchleben.
Tragische Liebesgeschichte und zugleich fulminant fotografiertes Historienepos über zwei Familienclans, die die politischen Wirren des frühen 20. Jahrhunderts in China durchleben.
An Zhang Yimous „Rotes Kornfeld“ bzw. Terrence Malicks „In der Glut des Südens“ fühlt man sich bei den ersten Bildern von Wang Quan’ans Historienepos „Bai lu yuan - White Deer Plain“ erinnert: wogende Weizenfelder soweit das Auge reicht. Der Schauplatz wird so vom chinesischen Regisseur, der 2006 den Goldenen Bären für „Tuyas Hochzeit“ gewann, verortet. Und auch der Kern der Geschichte, eine Adaption des berühmten Historienromans von Chen Zhongshi, ist bekannt: Ein Erntearbeiter verliebt sich in die Frau eines Großgrundbesitzer. Die Zeichen stehen auf dramatisches, hochemotionales Kino.
1912 setzt die Handlung ein. Das Ende des Kaiserreichs naht. Im Titel gebenden Dorf müssen sich die Bauern auf neue Herren einstellen. Bis 1937 erstreckt sich die Handlung, bis zur Mao-Revolution und den Angriff der Japaner. Fürs einfache Volk wird sich wenig ändern: (Getreide-)Steuern zahlen, Misshandlung, Ausbeutung und soziale Ungerechtigkeiten, festgemacht an zwei Clans, deren Wege sich immer wieder (unsanft) kreuzen.
Ins Zentrum seines Films stellt Quan’an eine Frau, die bildhübsche Xiaoe (stark: Zhang Yuqi), jüngste Gattin eines ermatteten Großgrundbesitzers, der ihr eine Dattel in den Schoß steckt, um diese dort reifen zu lassen. Die Frau möchte aber einen ganzen Mann und erwählt den kraftstrotzenden Heiwa (Duan Yihong). Als die Verbindung auffliegt, hat das Paar Glück, mit dem Leben davon zu kommen. Erzählt wird eine Love Story in Zeiten des Umbruchs, Selbstbestimmung statt Unterdrückung, freie Partnerwahl statt arrangierter Ehen.
Gut drei Stunden nimmt sich der Filmemacher für seine komplexe Geschichtsstunde Zeit. Vom (schmerzhaften) Übergang in die Moderne erzählt er, von Ahnentempeln und Sowjeteinfluss, von Fortschritt, der mit Barbarei einhergeht, von Vergangenheit, die sich der Zukunft verweigert. Geschickt verwebt er seine zahlreichen Handlungsfäden, gut führt er die Darsteller, imposant inszeniert er seine Massenszenen, um dann wieder zu in ruhigen Landschaftspanoramen zu schwelgen. Diese verantwortete der deutsche Kameramann Lutz Reitemeier („Die Spielwütigen“, „Tuyas Hochzeit“), der für seine stimmungsvollen Bilder mit einem Silbernen Bären belohnt wurde. Große farbenprächtige Pekingoper, für chinesische Verhältnisse expliziter Liebesfilm und gewalttätiges Polit(melo)drama in Einem. Im Reich der Mitte ist man bereit, Hollywood Paroli zu bieten. geh.