Erst seit dem Erfolg von Sommer vorm Balkon hat die breite Öffentlichkeit mitbekommen, was für ein Ausnahmeregisseur Andreas Dresen in der deutschen Kinolandschaft ist; lediglich Hand-Christian Schmid kommt ihm gleich an Gespür für die richtige Inszenierungsweise der Geschichten und für die Charaktere. Dresen weiß genau, wie seine Figuren ihre Dialogsätze aufsagen müssen, um authentisch zu wirken, und er weiß, wie er seine Schauspieler führen muss, damit sie das hinkriegen was auch bedeutet, ihnen ein genügend großes Maß an Freiheit zu lassen, die es ihnen ermöglicht, sich in ihren Charakterdarstellungen voll zu entfalten.
Mit Whisky mit Wodka hat Dresen wieder ein Drehbuch von Michael Kohlhaase verfilmt, wie schon in Sommer vorm Balkon. Der hat die Geschichte eigentlich für den inzwischen verstorbenen Frank Beyer geschrieben, es ist eine Anekdote aus der Defa-Geschichte der 50er Jahre, als Schauspieler Raimund Schelcher wegen Alkohols bei einem Dreh beinahe ausgefallen wäre und nur dank eines Bluffs, dem Einsatz eines Ersatzschauspielers, zu gewohnter Leistung hat angetrieben werden können
Kohlhaase ließ sich inspirieren und hat daraus einen Plot gesponnen, der gar nicht mehr an den tatsächlichen Gegebenheiten der 50er Jahre hängt, der aber das Verfilmen von Anekdoten wieder aufgreift mit dem Film im Film, den das Team dreht, ein Liebesdrama aus den 20ern mit einem forschen Charmeur, der Mutter und Tochter verführt und dabei den Verlobten der Tochter nicht auf der Rechnung hat. Ein Drama, das im Film Regisseur Martin Telleck auf humorvolle Weise verarbeitet, frei und offen, so wie Kohlhaase und Dresen die Schelcher-Geschichte aufnehmen. Dabei wird die 20er-Jahre-Story von Bad Kissingen an die Ostsee verfrachtet, weil aus Mecklenburg-Vorpommern Fördergelder kommen.
Ganz reich ist der Film an solchen Anspielungen auf die realen Produktionsbedingungen des Filmemachens; überhaupt ist ein Film im Film-Thema immer gut für zahlreiche Gags; denn da wissen die Beteiligten genau, wovon sie sprechen
Aber natürlich spulen Kohlhaase und Dresen ihr Programm nicht einfach nur routiniert runter. Sie setzen ein großes Arsenal an höchst witzigen und zugleich tiefgründigen filmischen Elementen ein, im Verbund natürlich mit den Schauspielern, die mit perfektem Timing und großer Spielfreude dabei sind. Kohlhaase hat wunderbare Dialoge geschrieben, die auf den Punkt hin gebracht werden; mit subtilem Subtext, unter dem der Witz der Oneliner und Dialogaperçus funkelt. Und Kohlhaase und Dresen bauen auch ein dichtes Geflecht an Beziehungen auf, nicht nur zwischen den Filmfiguren, auch zwischen den Dreharbeiten und dem Film im Film: das eine spiegelt stets das andere, und Wirklichkeit und Film im Film-Fiktion verschwimmen.
Whisky mit Wodka, Hochprozentiges, das man nicht mischen sollte, sprüht vor Pointen und kleinen Reibungen, mit vielen schönen Geschichtchen und Anekdoten im Mikrokosmos der Dreharbeiten, die für ein paar Wochen die Illusion von Leben darstellen und dabei eine neue Illusion, die des Films im Film, erschaffen. Wie sich hier die Figuren umeinander drehen, sich gegenseitig im Weg stehen, dann wieder verbinden, das ist eine Lust für den Zuschauer, und zugleich ist es gespiegelt im Film im Film, wo der charmante Liebhaber ebenfalls mit jeder, die er findet, was anfängt
und dabei von zwei Schauspielern, einem alten Hasen und einem Newcomer, dargestellt wird.
Es geht um die großen Phänomene: die Liebe, den Tod, das Wetter. Sagt Regisseur Telleck, der auch gleich die Botschaft des Films mitliefert. Es gebe nämlich gar keine, sagt er. Filme macht man nämlich nicht, weil man etwas weiß, sondern, um etwas herauszufinden. Was für die Macher ebenso gilt wie für die Zuschauer.
Fazit: Locker und leicht erzählte Film im Film-Geschichte mit glänzenden Dialogen und wunderbaren Schauspielern.