Es ist Herbst und Geschichten über den Tod haben wieder Konjunktur. Die Stimmung zwischen romantisch und morbid sucht auch dieser Film über eine junge Liebe, die nur drei Monate Zeit zum Leben hat. Regisseur Gus Van Sant setzt sogar spielerisch auf ein wenig Mystik, denn seine Hauptfigur Enoch hat einen Gespensterfreund, der manchmal ziemlich real wird.
Enoch ist ein Jugendlicher, der im schwarzen Anzug auf den Beerdigungen im Umkreis auftaucht, um einen Blick auf die aufgebahrten Toten zu werfen und den Trauerreden zu lauschen. Seine Tante Mabel, bei der er wohnt, legt ihm Schulprospekte auf den Tisch, die ihn aber nicht interessieren. Sein einziger Freund, mit dem er Schiffe versenken spielt oder vorbeifahrende Güterzüge mit Steinen bewirft, ist Hiroshi, ein japanischer Kamikaze-Pilot aus dem Zweiten Weltkrieg. Dieser imaginäre Tote läuft stets in seiner Uniform herum und ist in der Beziehung zu Enoch oft der Vernünftigere, der ihm pragmatische Ratschläge gibt und auf ihn aufpasst.
Enoch wird seiner neuen Freundin Annabel erzählen, dass er nach dem Autounfall, bei dem seine Eltern starben, ebenfalls für ein paar Minuten tot war, bevor er in ein längeres Koma fiel. Als er aufwachte, saß Hiroshi an seinem Bett. Annabel kann ihn nicht sehen, aber Enoch sagt ihr, was Hiroshi auf ihre Fragen antwortet. Als Annabel erfährt, dass sie nur noch drei Monate zu leben hat, bietet ihr Enoch an, ihr mit seiner Jenseits- und Todesnäheerfahrung in dieser Zeit beizustehen. In Wirklichkeit beginnt so eine lebensfrohe Liebesbeziehung, in der die beiden einsamen Menschen vieles nachholen, was gemeinsam mehr Spaß macht.
Enoch wird von Henry Hopper gespielt. Der Sohn von Dennis Hopper stellt einen innerlich sehr schwankenden jungen Menschen dar, dem Annabel hilft, sich von seinen toten Eltern zu lösen. Mia Wasikowska spielt die krebskranke Jugendliche und verleiht ihr mit ihrem typischen neugierigen, genießerischen Lächeln einen starken Optimismus. Annabel scheint in sich zu ruhen und keine Angst vor dem Tod zu haben, sie hadert weniger mit ihrem Schicksal als zum Beispiel ihre große Schwester. Jason Lew hat in seinem ersten Spielfilm-Drehbuch den spannenden Einfall entwickelt, dass Annabel sich brennend für Vögel und Insekten interessiert, Charles Darwin verehrt und sich als Naturforscherin bezeichnet.
Auch in der Geschichte ist Herbst, die Blätter färben sich, Halloween wird gefeiert. Trotzdem überträgt sich die romantisch-melancholische Atmosphäre nicht so recht und der Funken der Geschichte springt nicht über. Es wirkt so, als würden die Hauptfiguren die Handlung nicht durchleben, sondern ihr wie vor einem Bluescreen hinzugestellt sein. Sie sind zu steif oder gefestigt für die aufwühlende Zeit des Übergangs, die sie durchmachen, wirken zu wenig wie Jugendliche aus Fleisch und Blut.
Fazit: Gut gemeinte romantische Spätherbst-Geschichte über zwei Jugendliche zwischen Liebe und Tod, bei der es nicht wirklich funkt.