Regisseurin Isabelle Stevers inszenierte nach ihrem Debüt "Erste Ehe" (2002) nun ein ein Film über das Glück. Wir sehen eine Frau, die wir nicht kennen, sie zeigt keinerlei mimische Regung, glücklich ist sie sicher nicht. Aus der Entfernung, durch ein Fenster, sehen wir sie auf einer bloßen Matratze liegen, in der Scheibe spiegeln sich Detonationen: ein Feuerwerk? Krieg? In einer Disco lernt sie einen kennen, wacht dann am nächsten Morgen neben ihm im Auto auf, zieht sich den Schlüpfer an und geht. Das sind die ersten Einstellungen, distanziert gefilmt, mit kalten, verblassten Farben, eine Studie sozialer Einsamkeit und Verzweiflung. Die Frau ist nun schwanger, trifft zufällig den Partner ihres One-Night-Stands wieder, Sind wir jetzt ein Paar?, fragt sie ihn auf einem Waldspaziergang. Dann kaufen sich ein Haus, ihr Bauch wird immer dicker, die Räume werden renoviert, werden immer wohnlicher, nur eines fehlt: ein Rasenmäher. Manchmal lächelt sie, es ist eher ein gequältes Mundwinkelverziehen, sie sagt, sie sei glücklich, sie liebe ihn; doch ihr Körper, ihre Haltung, ihr Gesicht verraten das nicht.
Noch immer kennen wir nicht ihren Namen, auch nicht den ihres Geliebten. Wir wissen nichts von ihnen, was wir sehen ist ein Paar, das zusammenlebt. Einmal sieht sie einen großen blauen LKW an einem Waldweg, sie trifft dort auf Herbert, einen Typen mit grusligem Vollbart. Wer ist das? Kennt sie ihn von früher? Was will er von ihr?
Sie beobachtet sauer die Nachbarin, die ihren Mann anspricht wird es gleich zum Eifersuchtsdrama kommen? Ist sie vielleicht eine psychopathische Serienmörderin? Oder sind das tatsächlich nur die Stimmungsschwankungen einer werdenden Mutter? Er arbeitet als Krankenpfleger, ist immer lieb, fürsorglich zu ihr ist das ein krankhaftes Helfersyndrom? Oder ist sie psychisch krank, braucht sie seine Pflege? Kann ihre Beziehung tatsächlich auf einem One-Night-Stand mit anschließender Schwangerschaft basieren? Blicke ins Innere ihrer Figuren verweigert Isabelle Stever konsequent. Einmal mäht die Frau symbolbehaftet mit einer Sense den Rasen!
Vielleicht sehen wir nur die Momente einer Partnerschaft, die ganz banal, alltäglich sind, die, die normalerweise nie im Film zu sehen sind. Wo sich zwei auch mal anschweigen, wo sie einfach glücklich sind, ohne es zu zeigen. Wenn die Protagonisten uns fremd bleiben: heißt das, dass sie auch einander fremd sind?
Stets erzählt Stever eine doppelte Geschichte: die Handlung, die das perfekte Glück eines Paares zeigt, beißt sich dabei mit der Art der Umsetzung, die distanziert, kalt, ganz Berliner Schule in vielen kleinen Momenten das immer mögliche Kippen in die Katastrophe andeutet. Je größer der Bauch der Frau wächst, umso unheilschwangerer wird der Film. Sie fährt mit dem Fahrrad laut schnaufend einen Berg hoch dann auf der anderen Seite eine Hoppelpiste herunter, ein Sturz! Herbert taucht in einer Regennacht an der Haustür auf, um sich bei der Frau aufzuwärmen: warum legt er ein Liebeslied auf dem Plattenspieler auf? Warum schließt sich die Frau im Bad ein? Die Nachbarin, die immer über den Zaun herüberblickt: will sie etwas mit dem Mann anfangen? Hat sie es nicht ohnehin viel besser, mit dem eigenen Rasenmäher?
Immerhin erfahren wir irgendwann beiläufig ihre Namen; und noch immer ist nichts geschehen außer dem reinen Glück. Kann das wahr sein? Kann das Unfassbare, das Unbegreifliche dieses völlig glücklichen, ganz perfekten, perfekt normalen Paares möglich sein?
Fazit: Eine packende Studie über die Zerbrechlichkeit des Glücks, darüber, wie das Normale jederzeit in eine Katastrophe münden könnte; gezeigt als die Geschichte eines absolut glücklichen Paares, inszeniert mit einem untergründig ständig möglichen Umschlagen ins Unglück.