Frau Rettich, die Czerni und ich: Turbulente Komödie über drei Frauen, die lernen, auf ihre Freundschaft und nicht auf Männer zu bauen.
Der Untergang der Titanic wäre eine Katastrophe, ist doch das Schlachtschiff der nationalen Satire die letzte Zuflucht des Hintergründigen in einer weitgehend vordergründigen deutschen Humorlandschaft. Das Frankfurter Satiremagazin „Titanic“ war sieben Jahre lang die berufliche Heimat der Journalistin Simone Borowiak, deren erstes verfilmtes Kinodrehbuch „Frau Rettich, die Czerni und ich“ immerhin geographisch (Drehort Frankfurt) an ihren Background erinnert. So ist Markus Imbodens Komödie über zwei Männer, drei Frauen und fünf Schauplätze (Frankfurt, Baden-Baden, Südfrankreich, Sitges, Barcelona) in puncto Humor einem Rezept verpflichtet, das Tradition hat in Deutschland, aber ohne Peter Alexander und Gunther Philipp zurechtkommen muß.
Bevor „Frau Rettich, die Czerni und ich“ ihren Beitrag zum deutschen Kino-Komödienboom leisten wollten, waren sie Hauptfiguren eines 1992 veröffentlichten, über 150.000 mal verkauften Romans, der die Frauenbewegung in der Unterhaltungsliteratur nach Eva Hellers „Beim nächsten Mann wird alles anders“ und Hera Linds „Das Superweib“ um eine weitere mächtige Stimme erweiterte. Aus diesem Umfeld löst sich auch die Verfilmung nur unwesentlich, zu der die Verfasserin der Vorlage, Simone Borowiak, zusammen mit Hans Kantereit auch das Drehbuch schrieb. Beide Autoren kreieren im ganz normalen Leben auch Texte für den Komiker Dirk Bach, was den Humor ihres Kinodebüts im großen und ganzen recht treffend beschreibt. Zerplatzte Gläser, demolierte Autos, einstürzende Regale, abstürzende Banausen (vom Sattelschlepper auf harten Asphalt), unfreiwillige Wasserbäder und häßliche Darmprobleme - das Sortiment ist groß in dieser Geschichte um drei Frauen, die aus unterschiedlichen Motiven in den Süden reisen wollen, aber eines verbindet, ihre Freundschaft. Wortführerin ist Frau Rettich (Iris Berben, demnächst auch in Doris Dörries‘ „Bin ich schön“), eine in Männerpleiten erfahrene attraktive Lektorin, die in Spanien ihren dort ansässigen Geliebten ehelichen will. Mehr an Lust als an Liebe ist dagegen die Czerni (Martina Gedeck, zuletzt „Harald“) interessiert, die sich im Paella-Paradies den erstbesten Süßholz-Matador krallt, nachdem Dauer-Freund Bart (hat immerhin Momente: Komiker und Blödelbarde Olli Dietrich) nicht nur erotisch keine ernstzunehmende Option mehr darstellt. Daß Nervensäge und Spießer Bart, der dem Film nicht nur über Bart-barische Wortspielchen als komisches Zentrum dienen soll, durch die Gnade der Gewohnheit über Jahre hinweg bei Gedecks gewiß nicht unattraktiver Czerni Anker schlagen konnte, rückt dieses Road Movie mitunter in die Grenzbereiche des Fantasyfilms. Kompatibler da schon die zwischenmenschliche Offerte für Sophie (Entdeckung aus „Das Trio“: Jeanette Hain), die dritte Frau im Bunde, für die sich in Spanien die Schwärmerei für Buchhändler Bakunin (Thomas Heinze) mit einer echten Romanze erfüllen soll.
Ohne ihrem angedachten Forum, dem Kino, visuell Tribut zu zollen, pendelt diese einer TV-Ästhetik verbundene Komödie zwischen den Abenteuern der männlichen (eine Plot-Ergänzung zum Roman) und weiblichen Reisegesellschaften hin und her, bis sich die Elemente in Spanien verbinden. Doch die Chemie stimmt nicht in diesem Film, bei dem sich trotz südländischer Umgebung Feuer in Wort- und Situationskomik nicht entwickelt. Womit „Frau Czerni, die Rettich und Ich“ die aktuelle Situation der deutschen Komödie spiegelt, deren glänzender kommerzieller Lack zuletzt Kratzer hinnehmen mußte. kob.