Als der englische Produzent David Puttnam vor drei Jahren während einer Diskussion in München irritiert fragte, „Warum macht ihr Deutschen keinen Film über eure jüngste Vergangenheit? Ich verstehe nicht, warum es in Deutschland keine Filme gibt, die einem das Herz brechen“, da schrieben Peter Schneider und
Margarethe von Trotta bereits an einem Drehbuch, das genau diese Forderungen erfüllte. Anstoß zu dieser packenden Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der deutschen Teilung gab der italienische Produzent Felice Laudadio, der Sylvester 1989/90 den Jubel und die Aufbruchstimmung in Berlin erlebt hatte. Nach anfänglichem Zögern ließ
Margarethe von Trotta die Idee eines Liebesfilms mit stark politischem Hintergrund nicht mehr los. In „Das Versprechen“ führt sie den Zuschauer durch starke Emotionen an die Geschichte heran, erzählt von einer fast aussichtslosen Liebe in der Zeit zwischen Mauerbau und Mauerfall von 1961 bis 1989. Sie präsentiert Menschen aus Fleisch und Blut, die lachen, lieben, leiden, Helden des Alltags in ihrer Schwäche und Stärke, mit denen man sich leicht identifizieren kann. Ausgangspunkt ist die Frage, was mit zwei Menschen passiert, die sich ein Leben miteinander versprochen haben und dann durch einen Zufall und die politischen Verhältnisse getrennt werden. Da entschließt sich ein verliebtes Paar, Sophie und Konrad, durch die Kanalisation nach Westberlin zu fliehen. Doch Konrad stolpert über seine Schnürsenkel, wird von einem Armeewagen überrascht und muß die Flucht aufgeben. In knapp 28 Jahren sehen sich die Liebenden nur viermal. Nach einem Treffen in Prag wird Sophie schwanger, der Sohn kommt ohne Vater auf die Welt. Jeder findet einen anderen Partner, sie in West-, er in Ostberlin. Dennoch kann der Verlust an Gemeinsamkeit das Verlangen nicht zerstören. Im Freudentaumel der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 sehen sie sich wieder. Aus der Ferne kreuzen sich ihre Blicke, in denen alles zu lesen ist - Wehmut, Trauer, Hoffnung. Blicke, die mitten ins Herz treffen. Nach diesem Film kann man die permanente Krise des deutschen Films getrost für einen Moment vergessen. Denn
Margarethe von Trottas Meisterwerk, das die internationalen Filmfestspiele in Berlin eröffnet, legt die Meßlatte hoch. Sie präsentiert kraftvolles Gefühlskino, bisher eine Rarität in deutschen Landen. Da stimmt einfach alles: Die Intensität der Schauspieler (vor allem
Corinna Harfouch als erwachsene,
Meret Becker als junge Sophie), die emotionale Spannung, die dichte Atmosphäre. Von Trotta verteilt keine Schuldzuweisungen, zeichnet ihre Figuren mit Liebe: Konrad (August Zirner/Anian Zoller) als Träumer, der sich anpaßt und in ein Schneckenhaus zurückzieht, Sophie als die stärkere, die aktiv handelt, Position bezieht. Der einzig wirklich Böse ist ein Stasi-Mann, gespielt von
Hark Bohm.
Margarethe von Trotta, die einige Jahre in Italien gelebt hat, packt das Thema couragiert an, der diffizile Spagat zwischen Gefühl und Geschichte gelingt ihr souverän. Was im negativen Fall ein trockenes Polit-Elaborat in der Tradition des Autorenfilms hätte werden können, entwickelt sich zum grandiosen Plädoyer für die Utopie der Liebe, für den Sieg der Emotionen über die Politik - zum Weinen schön. Endlich ein großer deutscher Liebesfilm mit internationalem Format, der auch ein breites Publikum erreichen kann, ohne Qualität und Anspruch aufzugeben. mk.