Der italienische Regisseur Paolo Sorrentino hat sich für seinen ersten Film, der in Amerika spielt, eine sonderbare Geschichte ausgedacht. Die Suche eines ehemaligen Rockstars nach einem KZ-Schergen entpuppt sich als ein Roadmovie voller skurriler Begegnungen. Sean Penn aber ist als geschminkter, trübsinniger Ex-Musiker Cheyenne die wunderlichste Figur von allen.
Toupiertes schwarzes Haar, roter Lippenstift, Eyeliner, das Gesicht eines 50-Jährigen und eine Stimme, die weinerlich-gekränkt klingt: Cheyenne wirkt auf den ersten Blick lächerlich, und verstärkt diesen Eindruck noch mit seinem auffällig langsamen, müden Gehabe. Laut Sorrentino diente ihm ein bestimmter Rockmusiker als optische Inspiration für diesen Charakter. Eine geraume Weile beobachtet der Film Cheyenne in seinem Alltag in Dublin. Wie ein Alien schlurft er vom Supermarkt nach Hause, wo er seiner Frau, gespielt von Frances McDormand, erklärt, er habe wohl eine Depression. Sie sagt, es sei wahrscheinlich nur die Langeweile.
In New York besucht Cheyenne als erstes ein Konzert der Talking Heads und spricht mit David Byrne, einem Musikerfreund aus alten Zeiten. Byrne übernimmt nicht nur diese Gastrolle, er hat auch die Filmmusik komponiert und der Filmtitel This Must Be the Place entstammt einem Song der Talking Heads. Einmal erzählt Cheyenne, dass er mit seiner Band früher düstere Musik machte, weil sie viel Geld brachte, und dass sich zwei seiner jugendlichen Fans das Leben nahmen. Geschockt brach er daraufhin seine Karriere ab. Mit seinem Vater, einem Juden, der im KZ war, wollte er seit der Jugend nichts mehr zu tun haben und redete sich ein, er sei ein ungeliebter Sohn.
Auf der Fahrt durch Amerika wird Cheyenne diese Einstellung revidieren und dabei auch seine pubertären Züge ablegen. Ausgerechnet die Familienangehörigen des KZ-Verbrechers, den er sucht, werden ihm bei diesem Prozess helfen, denn er besucht sie und kommt mit ihnen ins Gespräch, ohne zu sagen, was er will. Das Besondere an diesem Film ist weniger dieser Inhalt, sondern die kleinen skurrilen Begebenheiten am Rande und Cheyennes Meinungen. Aus dem kritischen Blickwinkel eines Europäers lässt Sorrentino zum Beispiel einen Waffenhändler, bei dem Cheyenne eine Pistole kauft, darüber philosophieren, welchen Reiz eine Schusswaffe ausübe, die es erlaubt, auf große Entfernung und folglich ungestraft zu töten.
Einmal steigt ein stummer Indianer in Cheyennes Pickup und lässt sich ein Stück mitnehmen, einmal erscheint ein junger Bison vor einem Haus. In einem Diner in Utah lernt Cheyenne einen Mann kennen, der ihm erzählt, er habe eine im Alltag inzwischen unentbehrliche Erfindung patentiert. Harry Dean Stanton lässt in dieser Rolle grüßen. Und Cheyenne ruft immer wieder zuhause an, um sich zu erkundigen, ob es Neuigkeiten über Tony, dem verschwundenen Sohn einer Nachbarin, gibt. Ein wehmütiges, wundersames Roadmovie, stets ein wenig neben der Spur und mehr auf das Unnormale konzentriert, als auf eine Erzählung im üblichen Sinn.
Fazit: Skurril und neben der Spur: Mit einem auffällig gestylten Sean Penn in der Hauptrolle präsentiert Paolo Sorrentino seine Version eines amerikanischen Roadtrips.
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