Komisch: Michael Bay sieht jetzt aus wie dieser rotznäsige Arzt aus "Chicago Hope". Und Jerry Bruckheimer ist anscheinend unter die Brettspiele-Hersteller gegangen, oder umgekehrt. Wobei Brettspiel beinahe schon ein übertriebener Begriff ist, denn "Battleship" ist die Filmversion von "Schiffe versenken". Kein Witz.
Na gut, ein ganz klein bisschen komplizierter liegen die Dinge natürlich schon. Denn was hierzulande nur mit Stift und Papier gespielt wird, wenn überhaupt noch, ist in den USA in einer Ausführung mit Steckbrett und Plastikschiffchen unter dem Namen des Filmtitels als Marke eingetragen. Und die Rechte an dieser Marke hält der Spielzeugriese Hasbro, der die Welt schon mit den "Transformers"-Filmen und "G.I. Joe - Geheimakte Cobra" beglückte.
Da ist es wenig überraschend, dass der neue Kinofilm dieser absurden Ahnenreihe als ökonomisch-kulturelles Symptom viel interessanter ist als in seiner Eigenschaft als leidlich funktionierendes Action-Spektakel. Denn eigentlich ist "Battleship" nicht nur aufgrund seiner Vorlage absolut retro: Seit dem 11. September 2001 traute sich kein Actionfilm mehr, die Lust an der Zerstörung so prall und ohne schlechtes Gewissen zu inszenieren wie Michael Bay, der vor der Jahrtausendwende das Erhabene der Vernichtung in "Independence Day" und "Armageddon" geradezu zelebrierte. Jedenfalls bis "Transformers" kam.
Da trifft es sich gut, dass Regisseur Peter Berg, der in den 90ern als Darsteller in einer gewissen Krankenhausserie mitspielte, einen "super movie" drehen wollte. 200 Millionen Dollar soll der Film gekostet haben, der alles hat von dem, was die Blockbuster-Apokalypsen von Bay auch hatten: das militärische Pathos, zum einen. An manchen Stellen wirkt die Geschichte wie ein überlanger Werbesport für die Navy, vorangepeitscht von den kreischenden Gitarrenriffs von AC/DC - hat hier jemand "retro" gesagt? Kriegsschiffe und ihre Manöver, daran besteht bei Peter Berg kein Zweifel, sind Pop. Und natürlich weidet er sich an den seltsamen Maschinen-Fetischen Stein, Stahl, Benzin, an Mega-Explosionen. Aber es gibt auch das Wechselspiel von Bombast und intimeren Szenen und die, manchmal freilich recht brachial daherkommende, Ironie, mit denen die besseren Beispiele des Hollywood-Action-Mainstreams schon immer aufwarten konnten.
Da wären zum Beispiel die regelmäßigen Kabbeleien, die sich Alex Hopper (Taylor Kitsch) mit seinem Lieblingsfeind Nagata (Tadanobu Asano) liefert. In höchster Not aber tun sich Japaner und Amerikaner natürlich zusammen, um die Welt zu retten. Die ideologische Verwirrung, die Bay sein Feindbild noch eher aus Verzweiflung ins All projizieren ließ, scheint hier einem durchaus ehrlich gemeinten Ideal der Völkerverständigung gewichen - die sich freilich nicht auf die Außerirdischen erstreckt, die irgendwann aus ihren riesigen Raumschiffen gekrochen kommen.
Es sind diese kleinen Verschiebungen im Vergleich zu den offensichtlichen Vorbildern, die für Cineasten durchaus einen Reiz haben. So fräst sich die Kamera häufig mit rasend rotierenden Zerstörerkugeln, die die Außerirdischen abschießen, durch die Decks, die Brücken, die Städte, mitten im Getümmel. Die Ehrfurcht vor der Destruktion, die man aus der Ferne betrachtet - sie scheint dem amerikanischen Kino, womöglich endgültig, abhanden gekommen zu sein. Für einen gewaltigen "Boah"-Effekt reicht es aber natürlich immer noch.
Fazit: "Battleship" ist hoffnungslos überdrehtes Genrekino, laut, bombastisch, manchmal strohdumm, ab und an auch faszinierend - so werden Actionfilme heutzutage praktisch nicht mehr gedreht.