Härte: Dokudrama über den ehemaligen Karatechampion und Zuhälter Andreas Marquardt.
In einem Mix aus Interviews und Spielszenen erzählt Rosa von Praunheim aus dem Leben des Zuhälters, Ex-Millionärs und Karatemeisters Andreas Marquardt.
„Härte“, der Titel ist Programm bei der aktuellen Arbeit des unermüdlichen Independent-Filmers Rosa von Praunheim („Unsere Leichen leben noch“), der sich als Schwulenaktivist einen Namen gemacht und seit Mitte der Sechzigerjahre über 50 unabhängig produzierte Spiel- und Dokumentarfilme in Szene gesetzt hat. Im Zentrum seines Doku-Dramas steht der ehemalige Berliner Zuhälter, Ex-Millionär und mehrfache Karatemeister Andreas Marquardt. Als „eiskalten Typen“, der keine Gefühle zugelassen hat, bezeichnet er sich selbst, als „Block“, dem alles „scheißegal“ war.
Die schwere Kindheit hat das Leben des Mannes geprägt. Als Zweijährigen übergoss ihn der Vater mit Wasser und stellte ihn bei Minustemperaturen auf den Balkon, als Sechsjährigen begann die Mutter ihn zu missbrachen. Später schlug Marquardt gnadenlos zurück, nutzte andere aus, wurde Zuhälter. Bis er schließlich für acht Jahre im Gefängnis landete. Nur Marion, die ihn liebte und er auf den Strich schickte - sogar am Weihnachtsabend, einem „ganz normalen Arbeitstag“ -, hielt zu ihm, machte ihm Mut und ermöglichte ihm den Weg zurück in ein bürgerliches Leben.
Eine Geschichte, die sich kein Drehbuchautor hätte besser ausdenken können, offen, ehrlich und schonungslos. Auf Marquardts Autobiographie „Härte- Mein Weg aus dem Teufelskreis der Gewalt“ basiert das Skript, das von der Wandlung eines Saulus zum Paulus erzählt. In einer Mischung aus Interviews und Spielszenen beschreibt der Regisseur ein Leben, das aus Demütigung und Angst in Hass und Brutalität umschlägt. „Bunt“ sind die O-Töne gefilmt, schwarzweiß die in stilisierten Kulissen mit Fototapete, Plastikweihnachtsbaum und Bett verorteten „Rückblicke“: eine dem Theater verpflichtete Reduktion aufs Wesentliche, die die existenziellen Verletzungen einer Seele präzise herausarbeitet und die daraus resultierende Gewalt begreifbar macht.
Trotzig schiebt Hanno Koffler („Freier Fall“) als Marquardts Alterego die Unterlippe vor, er betont das Körperliche, das Animalische - Widerspruch wird nicht geduldet. Luise Heyer („Jack“) gefällt als Prostituierte Marion - „besser Zuhälter als Buchhalter“ weiß sie -, sie liebt, duldet und „bekehrt“, „ein Zuhälter war für mich einfach nichts Schlimmes“ gesteht Marion Erdmann im Gespräch. Die erschreckendste Performance gelingt Katy Karrenbauer („Hinter Gittern“) als Mutter, die ihren Sohn seinen Platz zuweist: „Dein Schwanz gehört mir!“. Ein ungewöhnlicher, gleichermaßen wuchtiger wie eindringliches Dokument, der zugleich die typische Praunheim-Handschrift trägt. geh.