Die Schatzinsel: Robert Louis Stevensons unsterblicher Klassiker als zweiteiliges TV-Event in Starbesetzung.
Die Neuverfilmung des Klassikers bleibt dem Charme der Vorlage treu, erweitert die Geschichte aber moderat und geschickt um moderne Elemente.
Für Menschen um die fünfzig war die ZDF-Verfilmung von Robert Louis Stevensons Klassiker „Die Schatzinsel“ aus dem Winter 1966/67 ein prägendes Fernseherlebnis. Im kollektiven Gedächtnis dieser Generation haben Figuren wie Jim Hawkins, Long John Silver oder Ben Gunn bis heute ihren festen Platz. Schon allein wegen der veränderten Medienlandschaft kann die Neuverfilmung von Hansjörg Thurn keine auch nur annähernd vergleichbare Position einnehmen. Sehenswert ist sie dennoch; schon allein wegen Tobias Morettis vortrefflicher Verkörperung des Piratenanführers. Ihm gelingt ein echtes Kunststück: Obwohl Long John Silver mit seiner Mischung aus Süffisanz, Impertinenz, Unterwürfigkeit und Verschlagenheit alles andere als ein Sympathieträger ist, kann man ihm nicht wirklich böse sein. Der Rest der finsteren Crew braucht sich auch nicht zu verstecken. Gerade Jürgen Vogel und Richy Müller spielen ihre Piraten, als sei für sie ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen.
Thurn tat gut daran, die Geschichte in ihren Grundzügen nicht zu verändern: Als der junge Jim Hawkins (Francois Goeske) in den Habseligkeiten eines ermordeten Seemanns eine Karte entdeckt, die den Weg zum Schatz des legendären Piraten Flint weist, kann er den Adeligen Trelawney (Christian Tramitz) überzeugen, die Schifffahrt zu finanzieren. Was sie nicht ahnen: Die Seeleute auf der „Hispaniola“ sind allesamt Gefolgsleute von Flint. Und noch jemand ist mit an Bord, den Stevenson in seinem Roman allerdings gar nicht erwähnt: Thurn hat dem legendären Piraten eine Tochter (Diane Willems) angedichtet. Das ist zwar gewagt, tut der Geschichte aber überraschend gut, von den romantischen und erotischen Elementen ganz zu schweigen: Natürlich findet Jim alsbald Gefallen an der kratzbürstigen Sheila.
Nicht nur formal, auch inhaltlich zerfällt die Handlung in zwei Teile: Die ersten gut neunzig Minuten spielen sich überwiegend auf dem Meer ab, die zweiten ausschließlich auf der Insel. Neben der eigentlichen Schatzsuche lebt Teil zwei vor allem vom „Lost“-Element, denn das exotische Eiland scheint von Geistern bevölkert zu sein. Hinter den mysteriösen Geräuschen steckt jedoch Ben Gunn (André Hennicke), der einst von Flint und seinen Männern zurückgelassen wurde; prompt fallen die Seeräuber nach und nach seinen raffinierten Fallen zum Opfer.
Eine angemessen bombastische Musik (Karim Sebastian Elias), liebevoll um Authentizität bemühte Ausstattung und Kostüme (Thomas Stammer, Esther Walz) sowie eine prominente Besetzung auch der Nebenrollen (Silke Bodenbender, Michael Gwisdek und Jürgen Schornagel) machen die Neuverfilmung zu einem großen, packenden Abenteuerfilm. tpg.