Camille - Verliebt nochmal: Tiefgründige Komödie über die Zeitreise einer 40Jährigen, die als 16Jährige in ihre Jugend zurückkatapultiert wird.
Tiefgründige Komödie über die Zeitreise einer 40Jährigen, die als 16Jährige in ihre Jugend zurückkatapultiert wird.
Noémie Lvovskys fünfter Film, ihr erster nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera, ist eine Hommage an Francis Ford Coppola und seinen Film „Peggy Sue hat geheiratet“ aus dem Jahre 1986. Der Altmeister geht zurück in die 1960er Jahre, die Französin in die 1980er Jahre. In der amerikanischen Version fällt eine Frau bei einem Klassentreffen in Ohnmacht und wacht in ihrer Jugend wieder auf, bei Lvovsky reibt sich Camille nach einer Silvesterparty im Krankenhaus die Augen und findet sich im Jahr 1985 wieder, kurz vor ihrem 16. Geburtstag, aber im gleichen Körper. Sonst ähneln sich die Geschichten. Beide wurden früh schwanger, heirateten und irgendwann packte der Mann wegen einer anderen die Koffer.
Camille hat es wahrlich nicht leicht, als Schauspielerin kriegt sie gerade mal die kleinsten Rollen und als Eric sie nach 25 Jahren verlässt, verliert die Frau in den Vierzigern den Boden unter den Füßen. Das rauschende Fest zur Jahreswende mit alten Freundinnen soll sie ablenken, Adieu Vergangenheit! Der begegnet sie aber schnell wieder in ihrem alten Leben. Alles auf Anfang? Mit dem Wissen von Heute versucht sie das Gestern in andere Bahnen zu lenken. Aber kann man wirklich durch die Rückkehr in die Jugend die Zukunft ändern? Diese oft in Sci-Fi-Movies gestellte Frage, reduziert sich hier auf den Mikrokosmos eines Individuums, das sich eine andere Biografie wünscht. Sie wohnt wieder bei ihren Eltern, nervt die Lehrer, plaudert mit den Schulkameradinnen über erste Sexerfahrungen und versucht, den jungen Eric möglichst zu umgehen, um nicht wieder in die Liebesfalle zu tappen. Doch die Ereignisse wiederholen sich, Schwangerschaft, Tod der Mutter, Begegnung mit dem Physiklehrer, dem sie verspricht, im späteren Leben wieder vorbeizukommen.
Es geht weniger darum, ob Camille, urkomisch gespielt von Lvovsky, wirklich ihr Schicksal wenden kann oder nur geläutert in die Gegenwart zurückkehrt, sondern um auf den ersten Blick vielleicht kleine Gesten, kleine Erkenntnisse. Die tiefgründige und auch wieder leichtfüßige Komödie entpuppt sich als Puzzle über das Erwachsenwerden, das Gefühlschaos, das Suchen nach Identität, alles aus Sicht einer reifen Frau, realistisch für die damalige Zeit und ohne Schönfärberei. Die Regisseurin Lvovsky hat mit dieser etwas anderen „éducation sentimentale“ viel gewagt - und gewonnen. mk.