Ein klassischer Einstieg: der Blick aus dem Flugzeug auf eine Insel, der Flughafen, ein Mann mit einem großen Koffer in einem Taxi, das ihn ans Ende der Welt zu bringen scheint. Rudolf Thome nimmt uns mit auf eine Reise. Zeitreisen Die Zukunft untertitelt er den letzten Teil seiner Trilogie, der nicht nur in die Zukunft weist, sondern den Zuschauer vor allem mitnimmt an einen Ort, der dem Paradies nahe zu kommen scheint. Ein Gästehaus im Nirgendwo, ein locus amoenus, eine kleine Idylle inmitten der wilden, felsigen Landschaft. Die Menschen sinnlich, die Natur üppig, die Farben erdig. Jonathan in seinem steifen Anzug wirkt etwas deplaziert, als er diesen Ort zum ersten Mal betritt. Nachdem Hausherrin Annabella mit der Gartenarbeit fertig ist (wo schon, wenn nicht bei Rudolf Thome sieht man Hannelore Elsner in Gummistiefeln im Matsch wühlen?) gibt sie dem neuen Gast ein Formular mit seitenweise Fragen. Fragen nach dem Vermögen, den Schlafgewohnheiten und den sexuellen Vorlieben. Ihre Partnerin Isabella interessiere sich dafür, erklärt sie beiläufig.
Ein typisches Thome-Universum: Frauen und Männer (nicht mehr ganz jung, aber umso lebenslustiger) deren Kinder, ein abgeschiedener Ort, gutes Essen, guter Wein, guter Sex
Würde Rauchzeichen nicht auf Sardinien spielen, dann würde früher oder später in diesem Text der Ausdruck Toskana-Fraktion fallen. Typisch auch die Exzentrik des Regisseurs, der bekennt, Zuspitzungen zu lieben und die Zuschauer reizen zu wollen. Und typisch auch die Figuren, die ihr Herz auf der Zunge tragen, behaupten, auf dem Mond gewesen zu sein, minutenlang Hölderlin rezitieren oder sich für den Gott des Kinos halten, aber nur Videokassetten sehen. Doch diesmal hat der Regisseur, der seit den 60er Jahren unaufhörlich Filme dreht, ein bisschen zu dick aufgetragen. Die großen Gefühle sind übermächtig geworden und drohen, jegliche Subtilität zu erdrücken, und die poetisch-absurde Überhöhung, die diese Exzentrik in früheren Filmen oft erträglich gemacht hat, gelingt Rudolf Thome in Rauchzeichen nur selten. So wirken die Dialoge doch manchmal unfreiwillig komisch, die brüsken Wendungen der Geschichte beinahe plump, das kindliche Gehabe der Jugendlichen deplaziert und wenig lebensnah.
Eine Variation über Leben und Tod: Figuren verlieben sich, Figuren hassen sich, Figuren kommen und gehen. Im Grunde genommen ordnet der Regisseur diese Topoi in jedem seiner Filme nur unter veränderten Vorzeichen neu an. Wie ein Schachspieler macht er hier einen Zug, da einen Zug; einige Figuren, einige Schauspieler nehmen ihren Hut, andere stoßen neu dazu, der Kern des Ensembles bleibt bestehen. Doch die Rahmenbedingungen ändern sich, so wie sich die Zeit ändert. In Rauchzeichen ist mit dem 11.September ein neuer Punkt im Koordinatensystem von Rudolf Thome eingezeichnet worden. Der wird freilich nur angedeutet der Regisseur verstand sich nie als ein sozial engagierter Filmemacher, der mit der Kamera in der Hand für das Gute in der Welt kämpfen will. Einige von meinen Leuten kämpfen gegen Menschen, die an einen anderen Gott glauben., legt er der arabischen Prinzessin Leila in den Mund, reduziert die Komplexität der Welt auf die Existenz zweier Figuren, an deren Existenz schon so manche gezweifelt haben. Am Ende ist die Prinzessin tot, der Gott des Kinos ist tot, doch das Leben geht weiter, wie es in einem Thome-Film eben weitergeht: es wird geliebt, getanzt, geheiratet. Nur die Koordinaten haben sich ein bisschen verschoben und das Thome-Universum ist um eine Galaxie reicher.
Fazit: Letzter Teil von Rudolf Thomes Zeitreisen-Trilogie, der an Motive und Geschichten der vorigen Filme anknüpft, dabei aber nur selten deren Qualität erreicht.