Komasaufen: TV-Drama um einen Teenager, der beginnt, Alkohol zur Problembewältigung einzusetzen...
Bodo Fürneisens Drama über exzessiven jugendlichen Alkoholkonsum ist weitaus differenzierter, als der plakative Titel vermuten lässt.
Der Titel ist eine denkbar kurze Inhaltsangabe: Es geht um Jugendliche, die sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken und erst im Krankenhaus wieder zu sich kommen. Autor Bernd Böhlich erzählt die Geschichte des 15jährigen Lukas, dessen Mutter (Aglaia Szyszkowitz) einen neuen Lebensgefährten (Oliver Mommsen) hat, mit dem der Junge aber nicht klar kommt. Falsche Freunde und die Verwirrung der ersten Liebe führen zu immer exzessiverem Alkoholkonsum. Schlichte Schuldzuweisungen haben Böhlich und Regisseur Bodo Fürneisen klugerweise vermieden. Alle Beteiligten machen Fehler, vor allem Lukas selbst, der es nicht schafft, nein zu sagen, als der Wortführer der Clique ihn zum Trinken überredet. Der von Markus Quentin in seiner ersten Hauptrolle ausgesprochen glaubwürdig verkörperte Junge ist ohnehin alles andere als ein typisches Problemkind. Als sich zur üblichen Unordnung der Pubertätsjahre auch noch anderer Ärger gesellt, ist er einfach überfordert. Auch sonst bemühen sich Buch und Regie erfolgreich, nahe liegende Klischees zu vermeiden. Mommsen zum Beispiel verkörpert den ausschließlich auf Erfolg fixierten neuen Freund der Mutter durchaus differenziert. Ähnlich gut geführt wie Quentin, der sogar die schwierigen Szenen als Betrunkener überzeugend meistert, ist Anna-Lena Klenke als trinkender Teenager. Auch ihre Rolle ist nicht einfach; Sylvia ist in der zehnten Woche schwanger, trinkt aber trotzdem weiter. Es war ziemlich mutig von Fürneisen, für diese Rollen keine vergleichsweise erfahrenen älteren Schauspieler zu engagieren. Gerade bei den Nebenfiguren haben allerdings nicht alle Jugendlichen das nötige Talent. Davon abgesehen ist „Komasaufen“ jedoch ein Film, der gerade wegen seines Verzichts auf Moralpredigten auch junge Zuschauer ansprechen könnte, zumal Quentins kantenloses Spiel umgehend dazu einlädt, sich mit ihm zu identifizieren. Realistisch ist auch die hilflose Reaktion der Eltern, die nach Lukas‘ erstem Absturz aus allen Wolken fallen. Trotz einiger mal rührender, mal schockierender Ereignisse am Rande inszeniert Fürneisen das Drama fast nüchtern. Der Film ist thematisch zwar ähnlich lebensnah und aktuell wie „Homevideo“, erreicht aber dennoch nicht ganz dessen Intensität. Trotzdem ist „Komasaufen“ ein wichtiges Werk, und im Gegensatz zum deprimierenden Schluss von „Homevideo“ gönnen Böhlich und Fürneisen ihrem Publikum einen Hoffnungsschimmer. tpg.