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Dunia

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Dunia

Nach ihrem Literaturstudium an der Universität von Kairo beschließt die 23-jährige Ägypterin Dunia (Hanan Turk), in die Fußstapfen ihrer berühmten Mutter zu treten und orientalische Tänzerin zu werden. Beim Casting fällt sie durch ein politisches Statement auf und wird unter die Fittiche eines bekannten Tanzlehrers (Walid Aouni) genommen. Zugleich beginnt sie ihre Doktorarbeit über die Liebe in der arabischen Poesie bei Professor Beshir (Mohamed Mounir) und flirtet nach Belieben - obwohl sie schon mit Mamdouh (Fathy Abdel Wahab) liiert ist.

Eine Frau zwischen drei Männern, zwischen ihrer Sinnlichkeit, erotischer Selbstbestimmung und der reaktionären religiösen Sittenstrenge der arabischen Welt: Ausgefeilte Tanzkunst kandiert den durchweg ernsten Kommentar zu Freiheit und Beschneidung im Islam.

Darsteller und Crew

Regisseur
  • Jocelyne Saab
Produzent
  • Catherine Dussart
Darsteller
  • Hanan Turk,
  • Mohamed Mounir,
  • Fathy Abdel Wahab,
  • Sawsan Badr,
  • Khaled El Sawi,
  • Youssef Ismail,
  • Aida Riad,
  • Walid Aouni
Drehbuch
  • Jocelyne Saab
Musik
  • Jean-Pierre Mas
Kamera
  • Jacques Bouquin
Schnitt
  • Claude Reznik

Bilder

Kritiken und Bewertungen

5,0
1 Bewertung
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4Sterne
 
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Kritikerrezensionen

    1. Dunia heißt die Heldin von Jocelyne Saabs gleichnamigem drittem Spielfilm, auf arabisch die Welt, das Diesseits. Allumfassend und doch ganz konkret und irdisch, so wie das Leben und die Bedürfnisse der Titelheldin. Dem Hier und Jetzt ist sie verhaftet, mit beiden Füßen steht sie im Leben. Als ihr die Jury eines Gesangswettbewerbs mitteilt, sie würde das von ihr vorgetragene Stück nicht leben, sondern nur singen, wird sich die junge Frau aus Kairo erstmals eines Defizits bewusst, dass ihr ganzes Leben zu bestimmen scheint: ein Defizit an Sinnlichkeit. Im Verlauf des Films lernt sie, sich die Welt der Gefühle zu erschließen, körperlich wie geistig. „Dunia“ erzählt die Geschichte eines Erwachsenwerdens, einer Emanzipation, einer Bewusstwerdung der eigenen Person. Zwei Frauen, die Dunia Freundinnen und Lehrerinnen gleichermaßen sind, spielen dabei eine besondere Rolle: Arwa und Inayate, mondäne Intellektuelle die eine, Taxifahrerin die andere. Was sie verbindet, die Bürgerliche und die Frau aus einfachen Verhältnissen, sind ihre Unabhängigkeit und ihre Durchsetzungsfähigkeit. Mit beiden Füßen stehen sie auf dem Boden der Tatsachen und sorgen dafür, dass auch Dunia dort fest verankert ist.

      In farbenprächtigen Bildern, die der berühmte Choreograph Walid Aouni (der auch Dunias Sufimeister spielt) gestaltet hat, erleben wir den Prozess der Selbstfindung, den Dunia durchmacht. Auf der Suche nach ihrer eigenen Persönlichkeit begegnet sie all den Grenzen und Beschränkungen, die einer jungen Frau (überzeugend verkörpert von Hanen Turk) in einigen arabischen Staaten auferlegt werden. In der Auseinandersetzung mit klassischen Texten des Sufismus findet sie ebenso zu sich selbst wie in ihrem Verhältnis zu Beshir, verkörpert von dem vielleicht bekanntesten ägyptischen Sänger der Gegenwart, Mohamed Mounir, der mit seiner teils religiösen, teils weltlichen Popmusik in der arabischen Welt ein Millionenpublikum erreicht.

      Der Grund für Dunias Leiden liegt in der Tatsache, dass sie (wie fast alle ägyptischen Frauen) als Kind eine Genitalverstümmelung erlitten hat. Die in Paris lebende libanesische Regisseurin und Journalistin Saab erhebt dieses Thema jedoch nicht zum Zentrum der Erzählung des Films (der oft zum „Film über Genitalverstümmelung“ hochstilisiert wurde und in Ägypten eine große Debatte ausgelöst hat, in deren Verlauf sich sogar Präsident Hosni Mubarak äußerte), vielmehr ist es das Prinzip der Verstümmelung und Beschneidung selbst, um dass sich der Film dreht. Ein Prinzip, das nicht nur ganz konkret die Frauen trifft, sondern jeden frei denkenden Geist. Die Befreiung des Körpers und des Geistes gehen in „Dunia“ fließend ineinander über. Um die Probleme mit der Zensur nicht noch zu vergrößern – in einem Land, in dem „1001 Nacht“, klassisches Erbe der arabischen Literaturgeschichte, wegen Pornographie verboten ist – bezieht sich die Regisseurin auf die klassischen Texte, um an ihnen zu zeigen, was Freiheit, was Körperlichkeit und Sinnlichkeit ist. So ist „Dunia“ dann auch nicht zu lesen als eine Variation des in Europa so geliebten Topos der unterdrückten arabischen Frau, die sich mit Hilfe der Moderne befreit (wie auch der thematisch und stilistisch ähnliche „Satin Rouge“ der tunesischen Regisseurin Raja Amari oft [miss-]verstanden wurde) – vielmehr verweist Saab auf den liberalen Geist der Vergangenheit. Die Hauptfigur sucht ihr Heil keineswegs in westlicher „Modernisierung“, sondern in der eigenen Kultur. Die Regisseurin öffnet somit den Blick für die nur zu gerne übergangenen Reichtümer arabischer (Literatur-) Geschichte, ohne dabei jemals extremistische Auswüchse in der Gegenwart auch nur im Mindesten zu rechtfertigen.

      Freilich zeigt sich immer wieder, dass es sich mit „Dunia“ um einen Film einer europäisch geprägten Regisseurin handelt. Kaum vorstellbar, dass eine Ägypterin diesen Film drehen würde. Manchmal hart an der Grenze zum exotisch anmutenden Kitsch kommt das Melodram in der Tradition ägyptischer Musikfilme dialoglastig und symbolschwanger daher, so dass man schon sehr genau hinsehen muss, was noch dem Film dient und was primär auf Oberflächeneffekte abzielt.

      Fazit: In leuchtenden Farben wunderbar choreographiert und von der Stimme Mohamed Mounirs, dem Star der ägyptischen Popmusik getragenes Melodram. Die libanesische Regisseurin Jocelyne Saab entwirft in „Dunia“ ein gefühlvolles, sinnliches Plädoyer für die geistige wie körperliche Befreiung einer jungen Frau, die stellvertretend für alle Frauen ihrer Generation, für alle Intellektuellen in einem autoritären Regime stehen könnte. Sie läuft dabei jedoch Gefahr, ungewollt einen gewissen Exotismus zu befördern. Der Film lässt die Tradition ägyptischer Musikfilme wiederaufleben, der sie durch die Zusammenarbeit mit Musikgrößen wie Natasha Atlas und dem Choreographen Walid Aouni eine moderne Note verleiht.
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