Die Netflix-Serie "Monster" stellt uns Adeline Watkins als Ed Geins Freundin und Mitwisserin vor. Hat sie wirklich existiert oder ist sie nur eine fiktive Figur?
– Achtung, es folgen Spoiler zur dritten Staffel "Monster"! –
Wie auch schon in den beiden Staffeln zuvor, liefert Netflix mit der neuen Season "Monster" wieder ordentlich Gesprächsstoff. Neben den expliziten Gräueltaten des Mörders und Leichenschänders Ed Gein (Charlie Hunnam) beschäftigt das Publikum vor allem, wie nah Netflix an der Wahrheit bleibt. War Ed Gein wirklich nekrophil? Hat ihn die NS-Verbrecherin Ilse Koch tatsächlich zu seinen Taten bewegt? Hatte er eine Freundin namens Adeline Watkins, die seine morbiden Vorstellungen zumindest partiell teilte? Letzterer Frage wollen wir in diesem Artikel auf den Grund gehen.
In der neuen Netflix-Serie ist Ed Gein kein absoluter Einzelgänger, nein, er hat eine Art Verbündete: Adeline Watkins (Suzanna Son). Die junge Frau kennt Ed schon länger, sie treffen sich hin und wieder im Diner und gehen Rollschuhfahren. Außerdem tauschen sie sich über ihre düsteren Gedanken und den gemeinsamen Hang zum Makabren aus, bis Gein sie tatsächlich in seine dunkelsten Geheimnisse einweiht. Sogar einen Heiratsantrag macht er ihr – natürlich auf einem Friedhof!
Wem das alles noch nicht genug war, der/die kann sich schon auf die nächste "Monster"-Staffel freuen:
Wer war Adeline Watkins wirklich?
Fakt ist, Netflix hat Adeline Watkins nicht frei erfunden. Es gibt allerdings auch keine haltbaren Belege, dass sie tatsächlich seine Freundin, Verlobte oder eine Mittäterin war. Die Serie stellt die Figur definitiv überspitzt dar, was allerdings zum Sensationsjournalismus der damaligen Zeit passt.
Die meisten Informationen über Adeline Watkins gehen nämlich auf ein exklusives Interview mit dem Minneapolis Tribune zurück, welches unter anderem das Wisconsin State Journal im November 1957 zitiert. Den Zeitungsartikel mit dem Titel "Plainfield Woman nearly wedded Gein" könnt ihr sogar online einsehen.
Aus dem Artikel geht unter anderem hervor, Watkins habe eine über 20 Jahre andauernde Romanze mit Gein gehabt, sie beschreibt ihn als "gut und freundlich und liebenswert". Auch ihrer Mutter sei er nicht negativ aufgefallen, stattdessen habe er sich immer an die Regel gehalten, Adeline bis 22:00 Uhr nach Hause zu bringen. Watkins habe weiterhin zu Protokoll gegeben, er hätte ihr einen Heiratsantrag gemacht, den sie jedoch ausschlug. So sei ihre Verbindung Anfang 1955 geendet.
Später hat Watkins ihre Aussagen jedoch relativiert: Es wäre ein eher freundschaftliches Verhältnis und kein romantisches gewesen (via Entertainment Weekly). Außerdem habe sie ihn nicht genötigt, mit ihr in Kneipen zu gehen. Auch Gein hat Watkins nie erwähnt; sie mögen sich also gekannt, aber kein besonders enges Verhältnis gehabt haben. Schlussendlich hat sich Netflix hier wohl am Stil der reißerischen Presse der 1950er-Jahre ein Beispiel genommen und Watkins Rolle in Ed Geins Leben nach Belieben aufgebauscht. Die Forschung hält sie allerdings lediglich für eine Bekannte.


