Ob deutsche Highlights wie „Das Parfum“, US-Perlen wie „Brokeback Mountain“ oder Realsatire á la „Borat“: Das Kinojahr 2006 hatte Einiges zu bieten.
DIE REDAKTIONSFAVORITEN: DIE BESTEN KINOFILME 2006




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Wer früher stirbt, ist länger tot
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Wer früher stirbt, ist länger tot
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The Wind that Shakes the Barley
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Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
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Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2
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Deutschland. Ein Sommermärchen
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Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2
Science of Sleep - Anleitung zum Träumen
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Gernstls Reisen - Auf der Suche nach dem Glück
Irgendwie bezeichnend, dass MI-6-Agent Ethan Hunt, James Bond, Superman und die Freundin von Ricardo Tubbs eines gemein hatten in diesem Kinojahr: Sie kehrten von den Toten zurück. Waren schon über dem Jordan und mussten wieder ins Leben zurückgeholt werden.

Hollywoods große Blockbuster mussten auch erzählerisch zum Äußersten greifen anno 2006, um die hohen Erwartungen der Fans zu erfüllen und wirklich noch etwas Spannung aus ihren sattsam bekannten Szenarien zu kitzeln.
„Mission: Impossible III„, „Casino Royale“ und „Superman Returns“ standen nicht allein in der Wahl extremer Mittel. Johnny Depp wurde am Schluss von „Fluch der Karibik 2“ vom Wal verschluckt (da er jedoch auch im dritten Teil die Hauptfigur darstellt, darf davon ausgegangen werden, dass er überlebt), „X-Men 3“ verabschiedete mit Patrick Stewart und Famke Janssen gleich zwei lang gediente Superhelden und „Poseidon“ ging auch nicht zimperlich mit dem Leben seiner Protagonisten um.
Noch einmal alles von null

Es herrscht ein rauer Wind in Hollywood. Wo man hinblickte, wurde gerührt und geschüttelt, auf null gestellt und gerebootet, wie das als erstes „Planet der Affen“ vor fünf Jahren vorexerziert hatte. Mittlerweile hat eine dramaturgisch und konzeptionell verordnete Frischzellenkur das tot geglaubte Genre des Piratenfilms wieder auf Erfolgskurs gebracht und Batman an seinen Beginn geführt.
Heuer liefen die generalüberholten und auf den heutigen Stand des Kinovergnügens gebrachten Franchises beinahe im Monatstakt vom Stapel: Alles so schön neu bei Bond, Hunt, Supie, Crockett und Tubbs. Dieses Jahr war das Phänomen zu beobachten, dass es mehr Fortsetzungen, Sequels, Prequels, Remakes und Bestseller-Verfilmungen gab denn je, allerdings doch auch kreative Bewegung zu spüren war. Am Ende hatte „Fluch der Karibik 2“ mit seinem unbedingten Willen, einfach nur gut zu unterhalten, die Nase vorn. „Poseidon“, „M:I:III“ oder der bislang erfolgsverwöhnte M. Night Shyamalan schlichen als Verlierer vom Feld der Träume.

CGI satt
Wie groß der Spagat mittlerweile ist, den das Kino mittlerweile macht, beweisen zwei der auffälligsten Trends in diesem Jahr. Zum einen brach auf dem Feld der CGI-Animation im elften Jahr des Bestehens dieser Kunstform im Kino („Toy Story“ hatte 1995 den Startschuss gegeben) endgültig der Damm mit mehr als zehn groß gestarteten Titeln.
Interessant war dabei, dass - den kommerziellen Gewinner wie „Cars„, „Ice Age 2 - Jetzt taut’s„, „Happy Feet“ und „Ab durch die Hecke“ zum Trotz - nicht nur bei den Zuschauern Ermüdungserscheinungen ob endlos plappernder Tiere zu bemerken sind, sondern auch bei den Filmemachern: Kaum einer weicht mehr von der erprobten Erzählformel ab. Sollte der Beginn des Booms gleich auch den Zenit der Kunstform markiert haben?
Nichts für schwache Nerven

Am anderen Ende des Spektrums feierte der wirklich harte Horror (von Fans sogleich geschmackssicher „torture porn“ getauft) blutige Urstände: Man musste schon Nerven haben, um „Hostel„, „Saw 2 & 3„, „The Hills Have Eyes - Hügel der blutigen Augen“ und „Wolf Creek“ zu überstehen, die ihre Wurzeln im wilden Outlaw-Kino der Siebziger haben, aber doch nur Reaktionen auf die Grenzüberschreitungen von Abu Ghraib und 9/11 sind.
Die größten Überraschungen des Filmjahres waren Komödien waren: „Der Teufel trägt Prada“ und „Borat“ hätte zu Jahrsbeginn sicher niemand in den Top 20 der Kinocharts erwartet. Erstgenannter bestätigte, dass das weibliche Publikum nicht zu unterschätzen ist, Letzterer bewies, dass Komödien auch 25 Jahre nach „Das Leben des Brian“ noch für echte Skandale gut sein können.

Im Tal der Kontroversen
Dabei wurde gern übersehen, dass „Borat“ auch filmisch geradezu revolutionäre Akzente setzte: Meisterlich nutzt die wie zufällig entstanden wirkende Reise des Simpels aus Kasachstan die Mittel der Montage und lässt die Grenzen zwischen Inszeniertem und Dokumentation so geschickt verschmelzen, dass man nie weiß, was gestellt oder real ist, was den ursprünglichen Reiz von „Borat“ ausmacht.
Bar jeden Geheimnisses war ein weiterer Film, der 2006 für Kontroversen sorgte: In der nach dem Streit um die Mohammed-Karikaturen aufgeheizten Stimmung wurde „Tal der Wölfe - Kurtlar Vadisi“ aufgrund angeblich euphorischer Reaktionen türkischer Jugendlicher in Berliner Kinos zum Stoff für Diskussionen um das Verhältnis zwischen Deutschen und Gastarbeitern, wo der Film rückblickend doch bestenfalls den Beweis antritt, dass Hollywood mittlerweile kein Monopol mehr hat auf schlechte und einseitige Actionfilme, die sich populistischer Mittel bedienen.

Die Erfolgsgeschichte des deutschen Films
Für Gesprächsstoff sorgte aber auch der deutsche Film, der mit „Das Leben der Anderen“ und „Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders“ zwei Triumphe vorzuweisen hatte, die gerade auf internationalem Parkett viel Beifall erfuhren - und nicht zu knapp mit Preisen überhäuft wurden.
Vor allem stimmte nicht nur die Qualität (mit Filmen von zuverlässigen Regie-Assen wie Dresen, Schmid oder Roehler), sondern auch die Mischung. Den Jackpot als eigentliche Sensation des Kinojahres knackte schließlich „Wer früher stirbt, ist länger tot“, der sich selbst zur Überraschung des Verleihs zu einem Dauerbrenner für ein Millionenpublikum entwickelte. Und damit den Beweis antrat, dass Filme auch heute noch mit Mundpropaganda das Zeug zum Phänomen haben - zu einem Kinomärchen made in Germany.