Nachdem die Kölner Urgesteine Anfang des Jahres mit einem etwas plakativen Sozialdrama hinter ihren Möglichkeiten blieben, trumpfen sie nun groß auf. Warum ihr mittlerweile 93. Einsatz einer der gelungensten in ihrer bald dreißigjährigen Laufbahn ist, erfahrt ihr hier in der Kritik zum herausragenden „Tatort: Colonius“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort: Colonius“?
Die Kommissare Ballauf und Schenk sind längst der Inbegriff klassischer Kriminalunterhaltung am Sonntagabend, ihre Darsteller über jeden Zweifel erhaben. Überflüssige Eskapaden sind eine Seltenheit und auch diesmal steht der eigentliche Fall im Vordergrund.
Zum Glück stammt der aus der Feder des Ehepaares Eva und Volker A. Zahn, die den Kölner „Tatort“ bereits um einige Höhepunkte bereicherten, zuletzt im vergangenen Jahr mit einer feinsinnigen Milieustudie aus der Tristesse eines sogenannten Freudenhauses. Jetzt legen beide noch eine Schippe drauf.
Meisterhaft verweben sie die folgenschweren Ereignisse einer drogengeschwängerten Nacht im titelgebenden Technotempel des Jahres 1993 mit ihrer in der Gegenwart spielenden Kriminalgeschichte um einen ermordeten Dealer, der einst vor dem Fernmeldeturm in der Kölner Neustadt für Nachschub sorgte.
Den gab und gibt es tatsächlich, sodass es fast schon verwunderlich ist, dass Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt knapp dreißig Jahre brauchten, um ihn als Kulisse für sich zu entdecken. Dass sich die lange Wartezeit gelohnt hat, liegt neben den tollen Gaststarts auch einmal mehr an ihrem völlig ungekünstelten, glaubhaften Spiel, welches ihnen nach wie vor einen vorderen Platz in unserem Video der besten „Tatort“-Teams garantiert.
Worum geht es im „Tatort: Colonius“?
Die junge Mutter Gina und ihre Clique haben eigentlich schon genug Pepps genommen, doch ein Ende der Nacht kommt für sie nicht infrage. Selbst als das Colonius nach einem Brandanschlag auf ein davor parkendes Fahrzeug evakuiert wird, feiern sie weiter und verschanzen sich in den Katakomben des gigantischen Kölner Wahrzeichens. Am nächsten Morgen ist Gina verschwunden, bis heute hat ihre Tochter Svenja, die bei ihrem Vater aufgewachsen ist, nichts von ihrer Mutter gehört.
30 Jahre später wird der ehemalige Dealer Alex erschlagen und die Polizei findet heraus, dass der Kleinkriminelle kurz vor seinem gewaltsamen Ableben den Kontakt zu Christian, Renè und Meike gesucht hat, die Gina in der ominösen Nacht als letztes lebend gesehen haben. Ballauf und Schenk laden alle drei zum Verhör und werden schnell Zeugen, wie eine Lebenslüge Stück für Stück in sich zusammenfällt.
Mareks „Tatort“-Kritik: Herausragend gespieltes und vor allem glaubhaftes Psychodrama
Zugegeben, über die letzten Bilder des neusten Kölner „Tatorts“ lässt sich streiten und auch die Polizeiarbeit aus den 1990er-Jahren weist Lücken auf, dennoch zählt das, was an diesem Sonntag über unsere Bildschirme flimmert zum Besten, was Ballauf und Schenk in ihrer langen Laufbahn auf die Beine stellen durften.
Das herausragend besetzte Ensembledrama bietet seinem groß aufspielenden Personal zahlreiche Möglichkeiten, um zu glänzen. Karoline Eichhorn, Andreas Pietschmann und nicht zuletzt Thomas Loibl liefern als längst entfremdetes Trio, das von seiner Vergangenheit eingeholt wird, eine überragende Vorstellung ab und auch die Nachwuchskräfte, die ihre jungen Alter Egos darstellen, können ausnahmslos überzeugen.
Hinzu kommt die von Vanessa Loibl erfrischend natürlich dargestellte Figur der als Baby verstoßenen Svenja, die sich letztlich als Dreh- und Angelpunkt der clever miteinander verwobenen Ebenen erweist.
Doch nicht nur schauspielerisch wird diesmal das ganz große Besteck aufgefahren. Obwohl es sich zumindest bei den Szenen auf dem heutigen Polizeirevier streng genommen um ein Kammerspiel handelt, kommen sie mit einer ungeheuren Dynamik daher, von den Aufnahmen aus dem Colonius ganz zu schweigen. Unterstützt von einem stimmungsvollen Soundtrack breitet sich vor unserer Augen eine explosive, aber zugleich auch hochemotionale Geschichte aus, die trotz ihrer innewohnenden Tragik vor allem glaubwürdig daher kommt, was unterm Strich vielleicht ihre größte Stärke ist. Die Filmographie von Ballauf und Schenk ist auf jeden Fall um einen Höhepunkt reicher.
Der „Tatort: Colonius“ wurde am Sonntag, den 9. März 2025 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt für sechs Monate in der Mediathek als Wiederholung im Stream verfügbar.