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„Polizeiruf 110: Daniel A.“ (Episode 403): Kritik

„Polizeiruf 110: Daniel A.“ (Episode 403): Kritik
© NDR / Christine Schröder

Vor fast einem Jahr feierte Lina Beckmann einen famosen Einstand im Rostocker „Polizeiruf 110“, doch schon in ihrem zweiten Fall sorgen ungeahnte Stolpersteine für einen Dämpfer. Warum der Krimi dennoch sehenswert ist, erfahrt ihr in Mareks „Polizeiruf 110“-Kritik zur Episode „Daniel A.“.

Welche Kommissare ermitteln im „Polizeiruf 110“ „Daniel A.“?

Nachdem Sascha Bukow dem „Polizeiruf 110“ Lebewohl sagte, verlor die deutsche Krimilandschaft einen ihrer profiliertesten Charaktere. Charly Hübner war über zehn Jahre lang der einzige, der „Tatort“- Legende Götz George alias Horst Schimanski wirklich das Pils reichen konnte, auch wenn Jörg Hartmann in seinem Dortmunder Parka regelmäßig alles in die Waagschale wirft, um es ihm gleich zu tun. Entsprechend wäre es fatal gewesen, einfach einen neuen Berserker zu verpflichten, der sich künftig durch die Rostocker Unterwelt pöbelt und dem Seelenleben der zurückgelassenen LKA-Analystin Katrin König dabei den Rest gibt.

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Zum Glück passierte vor einem Jahr genau das Gegenteil. Dass Lina Beckmann die Nachfolge ihres Ehemannes antrat und als warmherzige Kommissarin Melly Böwe eine ganz eigene Tonalität mitbrachte, erweis sich als echter Besetzungscoup, der nicht nur auf dem Papier verlockend klang, sondern auch auf dem Bildschirm prächtig funktionierte. Ihrem so feinsinnigen wie überzeugenden Einstand reichten wenige Szenen, um das neue Duo an der Ostsee in all seinen grundverschiedenen Facetten auf den Bildschirm zu hieven und aufkommende Nostalgie im Keim zu ersticken. Diese Qualität erreicht der Nachfolger nicht, vielmehr tappt er an manchen Stellen genau in die Fallen, die sein Vorgänger so elegant umkurvte.

Hätten Bukow und König beim „Tatort“ ermittelt, wären sie in folgendem Video natürlich vertreten.

Das sind die 11 besten Tatort-Kommissare

Worum geht es im „Polizeiruf 110“ „Daniel A.“?

Grundschullehrerin Nathalie Gerber hatte ein Date mit dem titelgebenden Daniel A., was ihren eifersüchtigen Freund aus Kindertagen vor Wut schäumen lässt. Auf dem Parkplatz vor einem Club verliert er die Nerven und wird handgreiflich. Dabei stürzt die junge Frau so unglücklich, dass sie noch am Tatort verstirbt. Da sei aber auch sehr viel Pech dabei gewesen, konstatierten die Kommissare Pöschel und Thiesler und etablieren damit einen plumpen Running Gag, der leider als Blaupause für die diesmal reichlich versteift daherkommende Polizeiarbeit dient, eigentlich das Herzstück des Rostocker „Polizeirufs 110“.

Katrin König und Melly Böwe konzentrieren sich derweil auf die Daten einer Dating-App, die Nathalie Gerber vor ihrem Tod nutzte und lassen ein Phantombild ihres letzten Kontaktes erstellen, das klar auf Daniel A. hinweist. Der hat mit dem Mord nichts zu tun, kann sich aber nicht bei der Polizei melden, weil er als Transmann ein Doppelleben führt und panische Angst davor hat, sich vor seinem Vater und seiner Familie zu outen, ein Dilemma, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint.

Mareks „Polizeiruf 110“-Kritik: Berührende Geschichte in bröckelnder Verpackung

Dass die Rolle von „Daniel A.“ von einer echten trans Person gespielt wird, ist natürlich ein gewaltiges Pfund, das der neuste „Polizeiruf 110“ auf der Habenseite zu verzeichnen hat. Jonathan Perleth, der sich zum Zeitpunkt der Dreharbeiten laut eigener Aussage noch am Anfang seiner Transition befand (Quelle: Das Erste), erweist sich dann auch in jeder seiner Szenen als Idealbesetzung. Und das nicht nur wegen seiner eigenen Lebensgeschichte, sondern auch, weil er schlichtweg ein brillanter Schauspieler ist, der sein Handwerk versteht und den Krimi fast im Alleingang über die Ziellinie rettet.

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Über genügend Klasse verfügt natürlich auch das etablierte Personal, von Neuzugang Lina Beckmann ganz zu schweigen. Und dennoch bleibt der leise Verdacht, dass die sensible Geschichte um Daniels Suche nach Selbstbestimmung zu einem späteren Zeitpunkt im Kontext des Rostocker „Polizeirufs 110“ besser aufgehoben gewesen wäre.

Nachdem die Figur der Kommissarin Böwe vergangenes Jahr wunderbar geschmeidig in das bestehende Gefüge eingeführt wurde, steht sie nun erneut mit einem Körbchen selbstgebackener Naschereien vor den Türen des Reviers und erlebt ihren Einstand von vorne, nur leider mit deutlich weniger Finesse. Dass sie zuletzt genau gesehen nur Gast an der Ostsee war, mag diese dramaturgische Entscheidung begründen, einen Gefallen tut Autor Benjamin Hessler dem Krimi als Gesamtwerk damit aber nicht.

Verständlicherweise beansprucht die eigentliche Geschichte seines Drehbuchs viel Raum, ein „Polizeiruf 110“ dauert aber trotzdem nur 90 Minuten, sodass an anderer Stelle der Rotstift gezückt werden musste. Dessen Tinte ergießt sich dabei ausgerechnet über seine eigentliche Paradedisziplin und die sonst so treffend dargestellten Befindlichkeiten auf dem Revier wirken plötzlich wie Fremdkörper, die irgendwie abgearbeitet werden müssen, was besonders an der von Anneke Kim Sarnau sonst so vielschichtig verkörperten Kommissarin Katrin König sichtbar wird. Die ist diesmal einfach nur wütend, während ihr Chef Henning sich urplötzlich darum sorgt, dass die männlichen Kollegen vielleicht mit zwei Kommissarinnen an der Spitze überfordert sein könnten. Sind sie natürlich nicht, nur würde ihnen allen etwas mehr Sorgfalt in der Zeichnung ihrer Charaktere gut tun, damit sie künftigen Aufgaben wieder mit der gewohnten Souveränität begegnen können. Das Potential dazu ist nach wie vor im Überfluss vorhanden.

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Die „Polizeiruf 110“-Episode „Daniel A.“ wurde am Sonntag, dem 19. Februar 2023 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt für sechs Monate in der Mediathek als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes geht es zum „Tatort“ nach Wien, wo Moritz Eisner und Bibi Fellner in der Episode „Was ist das für eine Welt“ einen ihrer besten Fälle lösen dürfen

„Tatort“-Quiz: Testet euer Wissen über Thiel, Boerne und Co.!

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