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Magical Mystery Filmkritik: Mit Bumm Bumm durch die 90er

Magical Mystery Filmkritik: Mit Bumm Bumm durch die 90er

Die Verfilmung des Sven Regener-Romans „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ ist die Kino-Party des Jahres. Ein Muss nicht nur für Techno-Fans. „Magical Mystery“ ist ein irrwitziger Roadtrip durch die Popkultur der 90er, starbesetzt, schrill und liebvoll gezeichnet bis ins Detail. Der perfekte Film, um sich auf die nächste Party einzustimmen.

Irgendwann im Morgengrauen ist dieser magische Moment, als Karl Schmidt, der von allen nur Charlie genannt wird, vor der Tür eines Clubs in Bremen steht. Er klingelt. Niemand macht auf. Von drinnen hört man einen Bass wummern. Im echten Leben ist das Gänsehaut. Für Karl Schmidt ist es das auch, aber nicht, weil er feiern will. Ganz im Gegenteil. Der Ex-Irre, Ex-Alkoholiker, Ex-Multitox darf keine Drogen mehr nehmen. Und trotzdem muss er da jetzt rein.

Zwischen Herr Lehmann und Magical Mystery

Wir erinnern uns: Karl Schmidt, das war der beste Freund von Herr Lehmann aus dem gleichnamigen Film. Ein sanfter Riese. Karl Schmidt war der mit dem Elektrolyte-Spruch („Der Elektrolytemangel ist der natürliche Feind des Trinkers“), der dann am Ende zusammenbricht ausgerechnet wegen, genau: mangelnder Elektrolyte. Zu viele Drogen. Oder einfach bloß Wahnsinn? Wenn es nur die Drogen wären, könnte man ja aufhören damit. Wenn aber wirklich eine Schraube locker ist, dann…

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Fünf Jahre nach dem Mauerfall kehrt Karl Schmidt (Charly Hübner) also zurück. Inzwischen lebt er in einer WG für Drogenabhängige in Hamburg, isoliert, clean und leider auch perspektivlos. Da trifft es sich gut, dass ihm zufällig Raimund (Marc Hosemann), ein Freund von früher, über den Weg läuft und Karl zurück ins Leben schubst. Raimund macht ihm ein einmaliges Angebot. Weil er keine Drogen nehmen darf, soll „Charlie“ die DJs von BummBumm Records im Bus durch Deutschland gondeln. Magical Mystery nennt sich das in Anlehnung an die gleichnamige Tour der Beatles. Aber ist die damals nicht voll in die Hose gegangen?

Das erste Treffen von Karl Schmidt und Raimund seht ihr im Film-Clip:

Magical Mystery - Clip 2 - Charlie im Eiscafé

Roadtrip durch die 90er

Anders als der Roman von Sven Regener nimmt sich die Verfilmung von Arne Feldhusen („Stromberg - Der Film„) kaum Zeit für die Exposition. Und besser ist das. Stattdessen geht es gleich auf die Autobahn. Die Tour führt durch die Clubs von Bremen, Köln, München, Schrankenhusen-Borstel und wie auch immer. Denn während Karl Schmidt in der Klapse war (er bevorzugt den Begriff Klapper, das klingt nicht so endgültig) ist dieses schrille Ding namens Techno passiert - und die Berliner Kumpels Raimund und Ferdi (Detlev Buck) sind mit ihrem Label BummBumm groß rausgekommen. Jetzt steht die Tour an, um den Spirit unters Volk zu bringen.

Dass „Magical Mystery“ ein großartiger Musikfilm werden würde, konnte man im Vorfeld schon ahnen. Mit Charlotte Goltermann, der Partnerin von Sven Regener, konnte Regisseur Arne Feldhusen auf die Expertise einer Szenekennerin bauen. Immerhin hatte Goltermann 1994 das House-Label Ladomat 2000 gegründet. Für die Romanverfilmung konnte sie nun Westbam, Modeselektor, Deichkind und Carsten Meyer alias Erobique gewinnen, die eigene Tracks zum Film begeisteuert haben (und hier und da ein Cameo feiern). Darüber hinaus gibt es Musik von Egoexpress und Miss Kittin auf die Ohren. Mehr zum „Magical Mystery“-Soundtrack erfahrt ihr hier.

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Um die Feierszenen authentisch wirken zu lassen, hat Arne Feldhusen extra eine Party veranstaltet. Das mag vielleicht banal klingen, macht jedoch einen riesigen Unterschied. Der Fluch von Techno-Filmen ist, dass es einfach nie so mitreißend wirkt, eine Party auf der Leinwand zu sehen, wie es sich anfühlt, selbst eine zu feiern. „Magical Mystery“ entgeht diesem Dilemma dank seiner coolen Musik und dem Chaosflair, das jede Szene atmet. Dazu gehören eben auch die Partys - einen kurzen Einblick bekommt ihr im Filmclip:

Magical Mystery - Clip 1 - "Noch 5 Minuten"

Charly Hübner als Karl Schmidt

Mal abgesehen davon, dass „Magical Mystery“ ein witziger Streifzug durch die Popkultur der 90er ist, lohnt sich der Kinobesuch allein für das spielwütige Ensemble. Charly Hübner ist ein stoischer Karl Schmidt, der sich permanent zwischen „Mann, ist das blöd“ und „Mann, ist das geil“ bewegt, während Detlev Buck und Marc Hosemann zwei herrlich durchgefeierte Technopioniere geben, Bjarne Mädel einen hippieesken Sozialarbeiter, Jacob Matschenz und Bastian Reiber sind das DJ-Duo Hosti Bros (sagt der Name nicht alles?), Jan Peter Kampwirth ein dauerschielender DJ Schöpfi - es ist ein Fest!

Die Geschichte von „Magical Mystery“ ist dabei von vorne bis hinten vorgezeichnet. Dass die Tour irgendwann an einen Tiefpunkt kommen muss, weil die DJs rasant abbauen, ist keine Überraschung - und trotzdem ein Spaß, wenn Ferdi und Raimund sich gegenseitig sabotieren. Dass Charly und die DJane Rosa (eine wundervolle Annika Meier) irgendwann zusammenkommen, steht nach zehn Minuten fest - und trotzdem mag man ihnen dabei zuschauen, wie sie einen freien Tag in den Alpen veralbern. Dass irgendwann ein Meerschweinchen stirbt, ist tragisch ja, aber die Tour geht weiter - und alle sind eingeladen.

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Wie sich Charlie und Rosa kennenlernen, seht ihr im Filmclip:

Magical Mystery - Clip 4 - Charlie und Rosa

Um „Magical Mystery“ zu genießen, sollte man also keine überraschenden Plottwists erwarten, kein Drama oder großes Buhei. Der Film zeigt einfach unheimlich sympathische Menschen dabei, wie sie die verrückteste Zeit ihres Lebens feiern. Sie können es selbst nicht glauben. Und dieses Gefühl ist ziemlich ansteckend. Klar, es ist kein weltbewegender Gag, wenn die Tour nach Bayern geht und alle auf der Rückbank nach Lederhosen schreien. Doch im Kino fühlt man sich als Teil der Crew. Dafür hat die Romanverfilmung höchste Achtung verdient. „Ihr seht mittlerweile alle ziemlich scheiße aus“, sagt Karl ungefähr auf der Hälfte der Tour. „Aber es ist gut, dass wir das machen, weil hier jeder dabei sein kann. Sogar ein Meerschweinchen. Und auch ein Ex-Irrer wie ich.“

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Fazit: „Lass uns Drogen nehmen und rumfahren“ - der Track von Die Zukunft sorgt nicht ohne Grund für eine der schönsten Szenen des Filmes. Das versponnene Techno-Roadmovie „Magical Mystery“ ist jetzt schon Kult. Die geniale Verfilmung des gleichnamigen Romans von Sven Regener schafft es, die Atmosphäre einer gelungenen Party auf die Leinwand zu bringen. Am besten genießt man den Roadtrip mit guten Freunden und kalten Getränken. Für die richtige Musik ist mit dem coolen Soundtrack schon gesorgt.

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