Where a Good Man Goes: Ein Haftentlassener versucht ein neues Leben zu beginnen. Schöner Hongkongfilm von Veteran Johnny To.
Ein Gangster, der kein Gangster mehr sein will, ein Cop, der dieses nicht begreifen mag, und eine alleinerziehende Frau, die an ihre Chance zum besseren Leben glaubt, sind die tragischen Helden in einer packenden Milieustudie von Hongkongs Thrillervirtuosen Johnny To („The Mission“).
Frisch aus dem Gefängnis entlassen, steht dem ehemaligen Triadengangster Cheung (Lau Ching Wan) der Sinn nach einer bürgerlichen Existenz. Doch kann der beste Gauner nicht in Frieden aussteigen, wenn es alten Kollegen und insbesondere dem uniformierten Todfeind nicht gefällt. Schon am ersten Abend auf freiem Fuß bekommt Cheung zu spüren, dass sich die Zeiten geändert haben, seit er keine große Nummer im Syndikat mehr ist. Selbst ein hergelaufener Taxifahrer wagt es, ihn zu prellen, prompt kommt es zu einer Schlägerei, die ihn die frischgewonnene Freiheit sogleich wieder kosten könnte. Doch da sorgt Judy (Ruby Wong) vor, die junge Verwalterin der Billigpension, in der er sich einmietet. Obwohl er sie mit erlesener Kaltschnäuzigkeit behandelt, sorgt sie bei der Polizei dafür, dass man ihn, der sich nur gewehrt hat, wieder laufen lässt. Seine alte Nemesis, ein Detective (Lai Yiu-chiang), ist darüber alles andere als erfreut. Er wird in der Zukunft des öfteren für Stolperdrähte in Cheungs Leben sorgen, ganz genauso, wie Judy versuchen wird, diese aus dem Weg zu räumen. Denn wie Cheung möchte auch Judy, dass sein Versuch gelingt, alte Schulden einzutreiben. Das Geld würde ausreichen, ein neues Leben zu beginnen. Vielleicht gar eines zu Dritt.
Johnny To, den man sicherlich zu den großen Stilisten zählen darf, die Hongkongs Genrekino in den letzten drei Jahrzehnten hervorgebracht hat (gleichwertig neben Woo und Wong Kar-Wai), ist ein ausgewiesener Fachmann für die weniger glamourösen Seiten des Gangstertums. In seinen Filmen sieht man hinter die Kulissen der schillernden Triadenwelt, lernt die Hinterbänkler und Leibwächter kennen, die Gescheiterten und die Aussteiger. Sein Held in „Where a Good Man Goes“, eine weitere Glanzrolle für den brillanten Stoiker Lau Ching Wan („Full Alert“), steht am Scheideweg und sucht in bisweilen rührender und tragikomischer Weise den Ansatz für das neue bürgerliche Leben, dessen geheimnisvolle Rituale er nur vom Hörensagen kennt. So entfaltet sich eine höchst spröde Love Story zwischen dem groben Unterweltler mit dem Herz am rechten Fleck und seinem schüchternen Schutzengel, dem Danke zu sagen der Rabiator kaum imstande ist, bis es dafür scheinbar zu spät ist. Gängigen Kategorien weitgehend entzogen, pendelt Tos Film zwischen milieugetreuer Sozialstudie, knallhartem HK-Gangstermelodram und fein ironischer Love Story, ohne ausgewiesene Freunde auch nur einer der drei Genre zu verprellen. In einer Zeit der vorgefertigten Schablonenware ist dies mehr als erfreulich, es ist die reine Erholung. ab.