Verborgenes Feuer: Period piece aus dem 19. Jahrhundert, das durch emotionale Dichte und stringente Dramaturgie besticht.
Dem renommierten Drehbuchautor William Nicholson („Nell“, Oscarnominierung für „
Shadowlands„) ist mit „Verborgenes Feuer“ ein bemerkenswertes Regiedebüt geglückt, das vor allem durch seine emotionale Dichte und stringente Dramaturgie besticht. In den Hauptrollen dieses period piece aus dem 19. Jahrhundert sehen wir eine wunderbare reife Sophie Marceau („
Braveheart„) und einen präzise agierenden Stephen Dillane („
Welcome to Sarajevo„). Dank dieser Schauspieler, dank der eindringlichen Bilder und des schnörkellosen Skripts hebt sich „Verborgenes Feuer“ wohltuend von der Kostümfilm-Dutzendware ab.
Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Konventionen des 19. Jahrhunderts erzählt der Film die hochdramatische Liebesgeschichte von Elisabeth Laurier (Sophie Marceau), eine Gouvernante aus der Schweiz, und einem englischen Aristokraten (Stephen Dillane). Der geheimnisvolle Gentleman macht einen delikaten Vorschlag: wenn Elisabeth sich von ihm schwängern läßt und ihm ohne weiteres das Kind überläßt, bekommt sie genügend Geld, um die Schulden ihres Vaters begleichen zu können und ihn so vor dem Gefängnis zu retten. Elisabeth stimmt dem Handel zu. In einem abgelegenen Hotel verbringen die beiden drei Nächte zusammen. Was als rein geschäftliche Transaktion beginnt, entwickelt sich rasch - im Schein des Kaminfeuers - zu einem aufwühlenden, sinnlichen Erlebnis. Die neu entflammte Liebe wird jedoch harsch unterdrückt. Der Engländer - immer noch inkognito - besteht darauf, daß sie sich nie wieder sehen sollen. Neun Monate später schenkt Elisabeth einem kleinen Mädchen das Leben - und gibt es wie vereinbart weg. Sieben Jahre später begegnet Elisabeth in einem Herrenhaus im Süden Englands nicht nur ihrem ehemaligen Liebhaber wieder, sondern auch dem siebenjährigen Mädchen Louisa (Dominique Belcourt)…
Durch effektvolle - da sparsame - Dramatik und zwingende, emotionale Logik eröffnet Nicholson tiefe Einblicke in die seelischen Abgründe und zerrissene Psychen der Protagonisten. Ein besonderer Reiz auch, wie hier sparsame Dialoge mit opulenter Bild-Symbolik (von Märchensujets bis Freudsche Traumdeutungs-Motive) kontrastiert. Sehr schön, wie hochgepeitschte Emotionalität in konkretes Handeln mündet und nicht, wie so oft, in melodramatischem Wortgedöns verebbt. Nicholson über seinen Film: „Ich wollte dieses tragische Gefühl heraufbeschwören, daß man erfährt, wenn zwei Menschen, die füreinander bestimmt sind, die sich von ganzem Herzen lieben, nicht zueinander finden können. Um dies zu erreichen, mußte ich in der Zeit zurückgehen, in eine Epoche, in der es Zwänge gab, die stärker als die individuellen Wünsche waren.“ Daß Kostümfilme in ihrer thematischen Vielfalt sehr modern sein können, wissen wir nicht erst seit den Romanadaptionen von Austen oder James. „Verborgenes Feuer“ fügt diesen eine aktuelle Variante hinzu - und zwar aus der Perspektive vom Ende dieses Jahrhunderts. ull.