Tigeraugen sehen besser: Einer alleinerziehenden Mutter wird von einem Medium "der Richtige" samt Erscheinungsdatum prophezeit, sie tut sich aber trotzdem recht schwer mit dem Erkennen...
Tja, so kann’s kommen, wenn einem der Mann an der Seite fehlt: Weil Judith wieder mal total im Stress ist zwischen Haushalt und Karriere und mindestens drei Sachen auf einmal erledigen will, geht alles schief. Trauriger Tiefpunkt: Das frisch gereinigte Kostüm fällt nicht bloß einfach in den Dreck, sondern landet zielsicher in einem Hundehaufen.
Natürlich leben Komödien von Extremen; und um so komischer wird’s, wenn stets auch die Tragödie durchscheint. Doch der dick aufgetragene Anfang ist durchaus typisch für den Film: „Tigeraugen sehen besser“ erfreut durch eine Vielzahl hübscher und origineller Details, aber die eigentliche Geschichte (Drehbuch: Astrid Alexa Völker) ist hoffnungslos konstruiert. Judith (Anica Dobra) vertraut der Vorhersage einer Wahrsagerin, die ihr Erfolg im Beruf, einen Familienkrach und den Mann fürs Leben prophezeit; letzterer werde demnächst vom Himmel plumpsen. Klar, dass Judith auf Sportstudent Kevin (Florian Weber) ‚reinfällt, obwohl der nur mit viel Wohlwollen zur Prophezeiung passt: Nicht er fällt vom Himmel, sondern ihm ein solcher auf den Kopf, als er ihn am Bett von Judiths Tochter montiert; ohnehin hat das Schicksal eigentlich den Augenarzt Thilo (Christoph Waltz) für Judith vorgesehen. Immerhin legt Regisseur Thomas Nennstiel von Anfang an ein derartiges Tempo vor, dass die Konstruiertheit der Geschichte kaum auffällt.
Schade nur, dass Anica Dobra die Judith spielt, wie sie solche Frauen eben immer spielt: Ständig unter Strom, immer auf dem Sprung; und angeblich doch voller Sehnsucht nach dem Mann fürs Leben. Aber Star des Films ist sowieso Christoph Waltz. Dessen Aufgabe ist zwar auch nicht großartig origineller, zumal er und Dobra schon in „5 Zimmer, Küche, Bad“ ganz ähnlich agierten. Auch Waltz spielt solch eine Figur aus dem Repertoire. Aber was für ein Repertoire! Und Nennstiel lässt ihn gewähren, ohne seine Feinheiten durch die Kamera zu sehr in den Vordergrund zu ziehen. Auf diese Weise kann Waltz jene unnachahmliche Beiläufigkeit ausspielen, die sein Schauspiel nie als Arbeit aussehen lässt.
Außerdem profitiert er davon, dass Völkers Drehbuch im Detail sehr liebevoll ist. Herrlich ist schon allein die Szene, in der sich Thilo mit dem Sportschnösel anlegt, obwohl der einen Kopf größer ist: ein Blick, und der Typ trollt sich. Es gibt eine Vielzahl solcher Momente, in denen Waltz und Dobra aus der Rolle fallen und die viel witziger und origineller sind als die Rahmenhandlung. Trotzdem sind das Beste an dem Film die Auftritte der 17 Hippies, einer Musikgruppe, die sich auch schon in Andreas Dresens Film „Halbe Treppe“ tummelte und die sich großzügig von Waltz (am Akkordeon) die Schau stehlen lässt. tpg.