Wenn ein Film im Presseheft als besonders respektlos und politisch absolut unkorrekt, als drastisch und pädagogisch überhaupt nicht wertvoll gepriesen wird, ist normalerweise Vorsicht geboten. Die Pressefritzen und friedas loben ihre Filme immer in den vor Eigenlob stinkenden Himmel, egal ob gerechtfertigt oder nicht. Ein Animationsfilm namens Terkel in Trouble: Da denkt man leidige deutsche Sprache assoziativ an ein niedliches Ferkelchen mit seinen harmlos-abenteuerlichen Problemchen. Weit gefehlt.
Die Dänen machen schon seit einigen Jahren ganz und gar unerhörte, frische Filme; offenbar wird der Mangel an Geldmitteln durch Kreativität und Ideenreichtum mehr als wettgemacht. So auch in Terkel in Trouble, der von einem kleinen Verleih in vermutlich nicht vielen Kinos herausgebracht wird und sich deshalb zu dem entwickeln könnte, was man gemeinhin Geheimtipp nennt.
Der Film ist ungeheuer witzig, mit der krassen Sprache vulgären Humors, makaber, böse, brutal, überraschend wenn ein Tier oder Terkels kleine Schwester ins Bild kommen, kann man sicher sein, dass etwas Entsetzliches, etwas entsetzlich Witziges mit ihnen geschehen wird.
Jugendlichen ab 14 Jahren sollte strengstens empfohlen werden, sich den Film anzusehen, egal was die FSK sagt: schleicht euch rein!
Denn Terkel in Trouble ist im besten Sinne pubertär und dabei sehr alltagsnah, was das Leben unverstandener Jugendlicher angeht, denen kein Erwachsener jemals zuhört, die allein einer Gesellschaft gegenüberstehen, die sie nicht ernst nimmt und ihnen bei ihren Problemen nicht hilft. Mobbing, das bis in den Selbstmord getrieben wird, gutmeinende Verwandte, die alles immer schlimmer machen, Lehrer, die in ihrer ganz eigenen Welt mit ihren eigenen Gesetzen leben und natürlich Freundschaft, die schnell zerbricht, und Liebe, die selten erwidert wird: Themen, die in einem gewissen Alter interessieren und die der Film sehr explizit anspricht.
Daraus stricken die Regisseure Stefan Fjeldmark, Kresten Vestbjerg Andersen, Thorbjørn Christoffersen und das dahinterstehende Mastermind Anders Matthesen, ein Radio-Standup-Comedian, ihren Film, 80 Minuten kurz, prägnant, witzig, hart und durchdrungen von den Versatzstücken aus Horrorfilmen. Denn dem Siebtklässler Terkel kommt die Welt wie der reinste Horror vor. Und alle scheinen sich gegen ihn verschworen zu haben
Bela B. Felsenheimer, der Drummer der Ärzte, spricht jede Rolle, Mann, Frau und Kind. Das wirkt keineswegs seltsam, vielmehr trifft er genau den richtigen Tonfall, ahmt perfekt die Sprache von Pädagogen, streitenden Eltern oder Mädchen und Jungs auf dem Schulhof nach durchaus auch ordinär. Und er hat den deutschen Text zu einem der schönsten Liebeslieder der Filmgeschichte geschrieben, Mach dich vom Acker, bist mir zu hässlich, und deine Mutter treibts mit Pferden.
Wie in Southpark nimmt sich der Film immer wieder Zeit für ein Liedchen. Doch während in Southpark eine selbstgewählte Simplizität herrscht, hat die einfache Animationsästhetik von Terkel aus der Not geboren eine Tugend gemacht und was für eine. Denn South Park bietet immer eine, wenn auch satirisch verborgene und ironisch gebrochene, Moral, wohingegen sich Terkel jeder einfachen Lösung verweigert.
Der Erzähler des Films, der allgegenwärtige, etwas selbstverliebte Arne, kann auch keine Moral anbieten, entpuppt sich vielmehr auch als einer, dem die (letztendlich tatsächlich lebensbedrohlichen) Probleme der Jungs egal ist. Richtige Freunde, meint er, muss man bei 250° für 20 Minuten im Ofen backen, ach nein, falsch. Wenn man einen Freund hat, muss man aufpassen, dass er nicht krank wird. Ach nee. Oder so ähnlich. Egal. Fuck off.
Fazit: South Park plus X. Ein absolutes Muss.