Sieben Monde: Atmosphärisch effektiver Werwolf-Thriller mit "Knockin' On Heaven's Door"-Star Jan Josef Liefers.
Nach den schmerzhaften deutschen Totalpleiten „Widows“ und „Das Trio“, die gerade den Ruf des nationalen Kinofilms beim zuletzt recht geneigten heimischen Publikum lädierten, kommt mit Peter Fratzschers „Sieben Monde“ wieder die Hoffnung auf, daß deutsche Kreative doch kinogerechte Stoffe identifizieren und vor allem auch angemessen umsetzen können.
Nicht schwatzhaft und lächerlich, sondern stringent und spannend kommt die von Autor Nils-Morten Osburg erdachte Story einer vermeintlichen Werwolfsjagd daher. Aus der für deutsche Fiction-Verhältnisse extrem originellen Geschichte machte das „Sieben Monde“-Team ein unterhaltsames Kinoerlebnis, das in fast allen handwerklichen Bereichen überzeugt (nur der für die Blutflecken zuständige Ausstatter hat seinen Beruf verfehlt). Mit Headliner Jan Josef Liefers, der mit „
Knockin‘ On Heaven’s Door“ und „Rossini“ zum Star avancierte, hat der Film zudem ein Pfund, das es Buena Vista ermöglichen sollte, mit angemessenem Marketing das volle Publikumspotential dieses ansehnlichen Thrillers zu mobilisieren (die Titeländerung von „Nachts“ zu „Sieben Monde“ bleibt hoffentlich der einzige Betriebsunfall bei der Vermarktung der Avista-Produktion). Neben der Tatsache, daß spannende Genreunterhaltung offenbar doch nicht nur außerhalb der deutschen Sprachgrenzen zuhause ist, beweist diese Pro-Sieben-Coproduktion, daß man erstens in 93 Minuten eine runde Geschichte erzählen kann und zweitens für einen gutaussehenden Film nicht mehr als 4,5 Mio. Mark ausgeben muß. Vergleichbar dem dänischen Überraschungserfolg „Nachtwache“, der 1995 ohne viel Aufhebens 750.000 deutsche Kinobesucher fand (und Miramax ein US-Remake wert war), geht auch dieser Gruselfilm ohne viel gedanklichen Ballast zur Sache. Bedrohliche Geräusche, Vollmondbeleuchtung und das zwielichtige Verhalten einiger Akteure erzeugen effektvoll die Atmosphäre, in der Hauptfigur Thomas Krömer (locker gespielt von Liefers) dem Glauben verfällt, er sei vom Werwolf gebissen worden. Hinzu kommt ein Stab gelungener Mit- und Gegenspieler: ein verdächtiger Buchverleger (gekonnt schleimig: Ulrich Mühe), eine liebenswerte Freundin (süßes Girlie: Marie Bäumer), ein durchgeknallter Detektiv (schön schräg: Christoph Waltz) und ein cooler Cop (lasziv-gelangweilt: Peter Lohmeyer) sind unter den zahlreichen gut gezeichneten Figuren, die den Film dicht bevölkern und so nie Langeweile aufkommen lassen. Besonders wohltuend an ihnen, wie an diesem Film insgesamt, ist, daß sie meist in der richtigen Dosierung auftreten - mit Dialogen, die sich kurz fassen und Szenen, die im richtigen Moment enden. Wie beim ohne Zweifel großen Genrevorbild „Sieben“ sind dabei die Plausibilitätslücken zwar teilweise groß, aber der Gesamteffekt gelungen. Viel zu selten legen deutsche Filme soviel Wert auf Wirkung. Viel zu selten liegt ihnen aber auch einfach eine richtig gute Idee zugrunde, die es wert ist. Werwolf oder nicht Werwolf - das ist eben eine gute Frage. dd.