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Rückkehr in die Normandie

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Retour en Normandie: Nicolas Philibert würdigt seinen Lehrmeister René Allio und begibt sich auf eine persönliche wie poetische Zeitreise.

Poster

Rückkehr in die Normandie

Handlung und Hintergrund

1975 arbeitete der französische Filmemacher Nicolas Philibert, bekannt für fabelhafte Dokus wie „Sein und Haben - Être et avoir„, als Regieassistent für Rene Allio beim auf einem wahren Verbrechen beruhenden Kostümkrimi „Ich, Pierre Riviere, der ich meine Mutter, meine Schwester und meinen Bruder …„. Damals durchforstete Philibert die Gegend, um das anno 1835 angesiedelte Drama mit Laiendarstellern zu besetzen. 30 Jahre später sucht er die Einwohner wieder auf.

Mit großer Akribie widmet sich Nicolas Philibert diesem ganz persönlichen Anliegen und spricht mit Dorfbewohnern in der Normandie, die 1975 bei einen Historienkrimi mitwirkten. Wie immer gelingt ihm mit leisen Tönen eine große Wirkung.

Filmemacher Nicolas Philibert war vor 30 Jahren Regieassistent von René Allio, der in der Normandie „Moi, Pierre Rivière, ayant égorgé ma mère, ma soeur et mon frère…“, der Bearbeitung eines wahren Mordfalls, drehte. 1835 hatte ein junger Mann Mutter und Geschwister erstochen. Allio hatte dabei mit Laien der Umgebung zusammengearbeitet. Philibert stattete ihnen nun erneut einen Besuch ab.

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Darsteller und Crew

Regisseur
  • Nicolas Philibert
Produzent
  • Serge Lalou,
  • Gilles Sandoz
Co-Produzent
  • Gilles Sandoz
Drehbuch
  • Nicolas Philibert
Kamera
  • Nicolas Philibert,
  • Katell Djian
Schnitt
  • Nicolas Philibert,
  • Thaddée Bertrand

Bilder

Kritiken und Bewertungen

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Kritikerrezensionen

    1. Was das Thema anbelangt, ist "Retour en Normandie" ein bemerkenswert eigenständiger Film. Philibert hat nicht viel zu erzählen und will mit dem was er zeigt auch nicht die Welt verändern, wie es gerade heutzutage so viele Dokumentarfilme versuchen. Ganz im Gegenteil scheint es so, als unternehme er die Reise nur ganz für sich allein. Er fühlt sich seinen Zuschauern nicht verpflichtet. So erklärt sich auch, warum dieser immer wieder ziemlich allein gelassen wird, wenn es um das Verständnis dessen geht, was da auf der Leinwand eigentlich thematisiert wird.

      Nicht, dass hinter dem Film überhaupt kein Sinn stünde. Das Gegenteil ist der Fall. Nur gehört "Retour en Normandie" zu den Filmen, deren Komplexität sich erst lange nachdem man ihn gesehen hat erschließt, so dass man am Ende gar nicht mehr weiß, ob die wahrgenommenen Bedeutungen tatsächlich im Film stecken oder nur durch eigene kreative Interpretationen entstanden sind. Was man im Film (möglicherweise) sehen kann, ist zum Beispiel folgendes: In ihm wird thematisiert, wie sehr Erinnerungen das Leben von Menschen beeinflussen können, wie konstruiert diese Erinnerungen bisweilen sind und wie nah oder entfernt ein Film von der Realität sein kann. Außerdem: Wie groß die Unterschiede zwischen den sozialen Gruppen der Bauern und der Kulturschaffenden waren und nach wie vor sind und wie unberechenbar die Zeit sein kann, da sie angesichts bäuerlicher Lebensweise kaum vergangen zu sein, aber angesichts gesellschaftlicher Neuerungen zu rasen scheint.

      Philibert verbindet immer wieder Versatzstücke miteinander, die auf den ersten Blick nicht zueinander passen, auf den zweiten aber äußerst deutlich aufeinander verweisen. Und so kombiniert er die Geburt eines Ferkels mit der poetischen Schönheit eines Geständnisses, die Sprachlosigkeit einer aus dem Koma erwachten Frau mit dem Geplapper einer Diskussionsrunde oder das Schlachten eines Schweins mit der Suche nach einem Grab. Aber auch hier gilt: Der Fantasie des Zuschauers setzt Philibert keine Grenzen.

      "Retour en Normandie" breitet sich vor dem Betrachter in langen, seelenruhigen Einstellungen aus. Die immer wieder eingefügten – zwischen Nostalgie und Melancholie schwebenden – Klavierakkorde wirken bisweilen zu manieriert, zu abgedroschen und bedeutungsschwanger. Und man wird das Gefühl nicht los, dass der Film sich irgendwo in der Leere verliert, während man zunehmend ermüdend nach Informationen sucht. Erschwert wird diese Suche dadurch, dass Philibert es vermeidet, die interviewten Personen direkt ihren damaligen Rollen zuzuordnen, so dass man – kennt man den Film Allios nicht – weder weiß, um welche Rolle es gerade geht, noch, was für eine Bedeutung die historische Figur hinter dieser Rolle hatte.

      Fazit: Philibert wirft einen sehr persönlichen und ruhigen Blick in die Vergangenheit, die einen Blick in die Vergangenheit geworfen hat und deren Auswirkungen bis in die Gegenwart reichen.
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    2. Rückkehr in die Normandie: Nicolas Philibert würdigt seinen Lehrmeister René Allio und begibt sich auf eine persönliche wie poetische Zeitreise.

      Der Filmemacher Nicolas Philibert würdigt seinen berühmten Lehrmeister René Allio und begibt sich dazu auf eine gleichermaßen persönliche wie poetische Zeitreise.

      Ein Ferkel plumpst in diese Welt. Das Tier ist blau, zittert, atmet nicht. Eine Hand packt es, schüttelt es, versucht es zu reanimieren. Lange bleibt die Kamera am Geschehen. Das verstört, irritiert, stimmt nachdenklich. Dann sieht man den Schweinezüchter, einen grobschlächtigen Mann im Overall, dem man später wieder begegnen wird. Fröhlich diesmal, entspannt, in geblümter Weste mit Strohhut, auf dem Standesamt bei seiner Hochzeit. Ein ungewöhnlicher Einstieg für eine ungewöhnliche Arbeit: „Rückkehr in die Normandie“ von Nicolas Philibert. Vor 30 Jahren, zu Beginn seiner Karriere, war er Regieassistent von René Allio, der in der Normandie „Moi, Pierre Rivière, ayant égorgé ma mère, ma soeur et mon frère…“ drehte, die Bearbeitung eines wahren Mordfalls, auf den Philosoph Michel Foucault gestoßen war: 1835 hatte der 20-jährige Rivière seine Mutter, die Schwester und den Bruder mit einer Hippe (eine Art Messer) getötet. Unter großen Anstrengungen „rekonstruierte“ Allio die Bluttat, in einem 30 Kilometer vom ursprünglichen Tatort entfernten Dorf, besetzte die Rollen der Bauern mit örtlichen Laien, die der Obrigkeit mit gelernten Schauspielern. Das Ergebnis ist eine Art ethnologisches Dokument, das das raue Landleben des 19. Jahrhunderts (be)greifbar macht, ein präzises und unverfälschtes Sittenbild, das die Hintergründe des brutalen Verbrechens, ohne Stellung zu beziehen, aufdeckt.

      Philibert, 2002 für „Sein und Haben“ mit dem Europäischen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet, sucht die Menschen wieder auf, die einmal Teil seines Lebens und für einen kurzen Moment Schauspieler waren. Der Mann mit dem Ferkel etwa. Man plaudert über damals, scherzt, zeigt alte Fotos und erinnert sich: Wie die Mitspieler für die Kamerafahrten selbst Schienen legen, der Crew zur Hand gehen wollten. „Nein, ihr seid hier Schauspieler!“, soll der freundliche Monsieur Allio, 1995 verstorben, da gerufen haben. Die Trennung wurde von den Bauern nicht akzeptiert, die arbeitstechnische, die gesellschaftliche insgesamt. Doch der Regisseur setzte sich durch. Zum Schluss kommt noch ganz überraschend der verschollen geglaubte Hauptdarsteller Claude Hébert, der Pierre R., im Bild zu Wort. Bei Jacques Doillons „Ein kleines Luder“ hat er noch mitgewirkt, nach ein paar weiteren Parts jedoch eine andere Berufung gefunden: als Missionar, der heute in Haiti wirkt. Wie ein „verlorener Sohn“ kommt er einem vor. Der gefunden wurde - wie auch Philiberts „verlorener Vater“. 30 Szenen strich Allio einst aus Kostengründen, andere, bereits gedrehte, schnitt er. Die mit Foucault etwa und auch die mit Philiberts Vater, der als Justizminister beim König um Gnade für Rivière bittet. Vergeblich. 1976 war das im Kino nicht zu sehen. Der Sohn hat die tonlose Szene gefunden und beschließt damit seinen Film. geh.
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