Rabenkinder: Jugenddrama aus der Nachwuchsreihe Debüt im Ersten: Als eine Zwölfjährige durch Zufall von ihrer Adoption erfährt, macht sie sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter und findet ihre im Heim lebende ältere Schwester...
Rabenkinder: Jugenddrama aus der Nachwuchsreihe Debüt im Ersten: Als eine Zwölfjährige durch Zufall von ihrer Adoption erfährt, macht sie sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter und findet ihre im Heim lebende ältere Schwester...
Wie das so ist in Road-Movies: Gesucht hat man eigentlich ganz was anderes; gefunden am Ende sich selbst. Und weil es in diesem ausgezeichneten Film von Nicole Weegmann (das Buch schrieb sie gemeinsam mit Jürgen Mathäi) zwei Schwestern sind, die sich auf die Suche gemacht haben, finden sie schließlich zueinander. Das ist alles andere als selbstverständlich, denn in der an Gegensätzen wahrlich reichhaltigen Film- und Fernsehgeschichte gibt es kaum größere Kontraste.
Jasmin (Sina Richardt) ist zwölf und ein wohlerzogenes Mädchen aus gutem Hause; bis sie eines Tages kurz vor dem Umzug der Familie nach Singapur durch Zufall feststellt, dass sie als kleines Kind adoptiert worden ist. Weil sich ein Mann vom Jugendamt verplappert, erfährt sie außerdem, dass sie eine Schwester hat. Die rothaarige Miriam (Ellen Gronwald) ist drei Jahre älter, will nach bekanntem Vorbild Zora genannt werden und gehört zu einer gewaltbereiten Mädchen-Gang, die Freier anlockt und dann ausraubt. Als die Clique sie ausstößt, schließt sich Zora eher widerwillig ihrer kleinen Schwester an: Jasmin ist wild entschlossen, ihre leibliche Mutter zu finden. Zoras Motiv ist deutlich materieller: Jasmin hat die goldene Kreditkarte ihrer Adoptivmutter geklaut und verspricht der großen Schwester einen Finderlohn von 5.000 Euro. Einziger Anhaltspunkt: ein zerknittertes Foto, aufgenommen in einem Dortmunder Fotostudio, als beide noch kleine Kinder waren.
Ähnlich wie eine Woche zuvor Franziska Jünger in „Kroko“, ebenfalls ein „Debüt im Ersten“, ist die junge Ellen Gronwald authentisch bis zur Schmerzgrenze: eine Lolita, die ihre Wut nur mit Mühe zügeln kann und jederzeit bereit ist, ihre Aggressionen mindestens an Sachen, lieber noch an Menschen auszulassen. Der kleinen Schwester fügt sie auf diese Weise eine Verletzung nach der anderen zu, aber Jasmin bekommt ein immer dickeres Fell.
Nicole Weegmanns Führung der beiden jungen Darstellerinnen ist so formidabel, dass die Klischeehaftigkeit der erwachsenen Nebenfiguren nicht weiter ins Gewicht fällt. Bei Jasmins Adoptiveltern sind Sachlichkeit (der Vater: Horst-Günter Marx) und schuldbewusste Hysterie (die Mutter: Geno Lechner) fein säuberlich verteilt. Auch bei den Mädchen tragt der Film mitunter etwas dick auf, etwa wenn Zora allzu plakativ mit einem „Sixpack“ unterm Arm durch Dortmund laufen muss. Dafür ist der Schluss umso überraschender, denn die Mutter der Schwestern entpuppt sich wider Erwarten und anders als im gestrigen „Bloch“ mitnichten als verkrachter Junkie. Ein Happy End ist zwar trotzdem nicht drin, aber dennoch darf die ARD so ein Jugenddrama ruhig auch mal um 20.15 Uhr zeigen. tpg.