¡No!: Drama um den Macher der Werbekampagne, um Chiles Diktator Pinochet ab zu wählen.
Realitätsnaher, packender und formal brillanter Polit-Thriller um den „Kopf“ hinter der TV-Kampagne, die zum Sturz General Augusto Pinochets führte.
Dem „Nein“ des Titels muss man ein „Ja“ entgegenstellen. Ja, auch so kann Politik „aufgearbeitet“ werden - als spannende, kluge Arbeit, die für einen Oscar als „Bester nicht-englischsprachiger Film“ nominiert ist. Ins Jahr 1988 geht’s zurück. Chiles Diktator, General Augusto Pinochet, beugt sich dem internationalen Druck und veranlasst ein Referendum, in dem darüber abgestimmt werden soll, ob er noch weitere acht Jahre regieren darf. Die „Ja“-Stimmen votieren für eine Verlängerung seiner Amtszeit, das „Nein“ heißt, er muss weg. Die Bevölkerung misstraut dieser Möglichkeit der direkten Demokratie, sieht darin nur einen weiteren Winkelzug des Despoten, um an der Macht festzuhalten. Die Opposition will sich die Möglichkeit nicht entgehen lassen, die Terrorherrschaft Pinochets so friedlich zu beenden.
Mit „No“ schließt der chilenische Regisseur Pablo Larraín seine mit „Tony Manero“ und „Post Mortem“ begonnene Trilogie über die Pinochet-Jahre ab. Er erzählt vom Fall des Militärs unter Pinochet, der mit seiner zynischen Farce einen demokratischen Prozess einleitete, den er viele Jahre erfolgreich unterdrückt hatte. „Mastermind“ hinter dem Polit-Coup ist ein junger „Mad Man“, der gewitzte Werbefachmann René Saavedra (Gael García Bernal), der die „No“-TV-Kampagne leitet. 15 Minuten täglich hat er im staatlichen Fernsehen Zeit die eingeschüchterten, verunsicherten Chilenen aufzurufen, an die Urnen zu gehen. Anstatt auf die Schrecken der 15 Jahre andauernden Gewaltherrschaft mit Verschleppungen, Folter und Mord einzugehen, setzt er auf Positivismus und Optimismus: „Chile, die Freude kommt!“ lautet seine mit fröhlichen Bildern untermalte Botschaft und als Logo dient ein farbkräftiger Regenbogen.
Für seine packende Geschichtsstunde, zu der Pedro Peirano das Drehbuch nach einem Theaterstück von Antonio Skármeta lieferte, bedient sich der Regisseur der Film- und Videotechniken der späten 1980er Jahre. Das Format ist mit 4:3 klassisch, die Bilder sind analog gedreht, grobkörnig, grell, überbelichtet. Eine altmodische Ästhetik, die einen förmlich ins Damals hineinsaugt. Die Grenzen zwischen Dokumentation und Spielfilm zerfließen, nahtlos fügen sich die alten Spots in die Handlung ein. Zeit- und Fernsehgeschichte in historischen Dekors mit sorgfältig gewandeten Protagonisten, „objektiver“ kann man kaum erzählen. Die (Polit-)Thriller-Spannung ergibt sich von selbst, ist immanent. Denn Saavedra und seine Mitarbeiter werden von den Schlägern Pinochets bedroht. Alan J. Pakula und seine „Trilogie der Paranoia“ lassen grüßen. Mittendrin glänzt Bernal, der Saavedra als halb Kind anlegt, das noch mit der Modelleisenbahn spielt und auf dem Skateboard durch die Straßen braust, und als halb Mann, der um die Macht der Werbung weiß, ein Visionär. Yes, we can! geh.