Mein Gott, Anna!: TV-Komödie mit Mariele Millowitsch als evangelische Diakonisse im Kampf gegen einen Bauspekulanten.
Seit den seligen Tagen von Don Camillo und Peppone ist das religiöse Lustspiel fester Bestandteil des Komödienreigens. Die Konfrontationsmöglichkeiten geistlicher Damen und Herren mit den weltlichen Dingen des Lebens sind zwar begrenzt, lassen sich aber hübsch variieren, was die Beliebtheit von Serien wie „Oh Gott, Herr Pfarrer“ oder „Um Himmels Willen“ erklärt.
Mit Schwester Anna sorgt nun ausgerechnet die in der Regel gnadenlos berechenbare ARD-Tochter Degeto für eine neue Heldin. Die Diakonissin bringt alles mit, um als Hauptfigur einer Filmreihe in Serie zu gehen: eine reizvolle Vorgeschichte, eine große Klappe und ein noch größeres Herz. Mariele Millowitsch ist ohne Frage die perfekte Besetzung für diese Rolle, doch zu loben sind in erster Linie Stephan Reichenberger und Cornelia Willinger: Sie haben nicht bloß eine originelle Handlung ersonnen, sondern vor allem Dialoge geschrieben, die sich von den ansonsten öfter mal hausbackenen Wortwechseln am Freitagabend im „Ersten“ wohltuend unterscheiden. Respekt aber gebührt auch Regisseur Stephan Meyer, der die muntere Geschichte angemessen turbulent umsetzt.
Herz und Seele des Films jedoch ist die Titelfigur, eine protestantische Ordensschwester, die es mit den Regeln der Kirche nicht so genau nimmt, wenn Not am Mann ist, und die für jede Lebenslage ein passendes (gern auch deftiges) Luther-Zitat weiß. Weil der aufmüpfigen Schwester Anna nichts Menschliches fremd ist, findet sie sich plötzlich im Freudenhaus des Herrn wieder: Eine verstorbene Bordellbesitzerin hat ihr Etablissement vor den Toren Münchens, den „Weiß Blauen Engel“, der Diakonie vermacht; sehr zum Ärger des aktuellen Pächters, eines Griechen, der auch noch Kristos heißt (Martin Feifel), sehr zur Freude des ortsansässigen Baulöwen Breitmoser (Andreas Giebel), der den Ort komplett dem Erdboden gleich machen will, um dort „Breitmoser City“ hochzuziehen.
Das Dorf befindet sich nämlich in Sicht- und vor allem Hörweite der Münchener Allianz-Arena; Breitmoser plant daher einen Stadtteil mit Golfplatz, Casino, Fußballmuseum und sogar einem Friedhof für Fans, die mit freiem Blick aufs Stadion zur letzten Ruhe gebettet werden wollen. Die aufrechte Anna aber solidarisiert sich selbstredend mit den letzten Dorfbewohnern und stellt außerdem fest, dass Kristos und seine Engel ehrenwerte Mitmenschen sind, in deren Leben der liebe Gott durchaus eine feste Größe ist. Annas sittenstrenge Vorgesetzte (Karin Neuhäuser) hingegen liebäugelt mit Breitmosers Brieftasche. Nun bleibt nur noch die Hoffnung auf die katholische Konkurrenz: Prälat Schwanthaler (Harald Krassnitzer) ist Anna noch was schuldig, seit sie einst seine selbstredend unehelich gezeugte Tochter in den Schoß der protestantischen Kirche aufnahm. Und so ist „Mein Gott, Anna!“ dank diverser Seitenstränge, einer Vielzahl irrwitziger Situationen, der schwungvollen Inszenierung und vor allem vieler satirischer Seitenhiebe auf beide Konfessionen eine höchst unterhaltsame Komödie, die das „Erste“ gern fortsetzen darf. tpg.