Benoît Delépine und Gustave Kervern waren letztes Jahr mit dem kleinen Meisterwerk Louise Hired a Contract Killer in den deutschen Kinos und setzen mit ihrem neuen Film Mammuth noch einen drauf. War bei Louise noch Handlung zu erkennen, Entwicklung, gar eine politische Aussage wenn auch verdreht und grotesk dargeboten, wenn sich zwei transsexuelle Analphabeten aufmachen, die Bosse zu killen, denen ihre Arbeiter egal sind nun, in Mammuth, wurde auf fortlaufende Handlung weitgehend verzichtet. Ohne dass dieses skurrile Roadmovie freilich willkürlich wäre, unzusammenhängend oder beliebig.
Es geht um Serge, genannt Mammuth, einen ungebildeten, fetten, langhaarigen Dummling, den Gerard Depardieu mit vollem Körpereinsatz spielt. Er wurde in den Ruhestand entlassen, es langweilt ihn, nun muss er diverse Arbeitsbescheinigungen von seinen diversen Gelegenheitsjobs sammeln, um seine Rentenansprüche untermauern zu können. So ist er unterwegs durch Frankreich, zu den Orten, an denen er früher einmal gearbeitet hat. Auf seinem alten Motorrad, einer Münch Mammut von 1973, macht er sich auf zu einer Reise in die eigene Vergangenheit eine Vergangenheit, in der er kaum Spuren hinterlassen hat, viele können sich nicht an ihn erinnern, vieles hat sich verändert, und irgendwie ist es ihm eh egal, ob er seine Formulare zusammenbringt oder nicht. Wie alles ohnehin eher Anlass für Delépine und Kervern ist, absurd-komische Episoden aneinanderzureihen, von der Schatzsuche am Strand, vom Übernachten in Bushaltestellen, von einem Leben ohne Ziel.
Begleitet wird Mammuth von einem Gespenst, von Isabelle Adjani, die durch den Film spukt mit blutverschmiertem, blassem Gesicht sie ist seine tote Geliebte, damals bei einem Motorradunfall umgekommen. Und so begegnet Mammuth eben doch, über Bande, sich selbst: Dem Punkt in seinem Leben, als sich alles veränderte, und den vielen Menschen, die ihn eh schon immer für einen Idioten hielten.
Schließlich besucht er seinen Bruder, der freilich schon eine Weile tot ist. Dafür trifft er auf seine Nichte, Miss Ming, eine Künstlerin von naiven Skulpturen. Auch sie ist eine Idiotin, ziemlich debil doch sie erschafft etwas, und hier findet Mammuth doch noch zu einem eigenen Ich, angekommen im Jetzt, wenn er ein eigenes Werk hervorbringt: Schinken-Papier-Schinken-Papier
Nein: wirklich verändert ist Mammuth am Ende nicht; vielleicht aber hat er gelernt, mit anderen, mit sich selbst wieder in Kontakt zu kommen. Wenn er beispielsweise mit seinem gleichaltrigen Cousin im Bett liegt und sie das tun, was sie schon vor 45 Jahren getan haben was hier gar nicht ausgesprochen werden soll.
Fazit: Skurriles, absurdes, höchst komisches Roadmovie, ungewöhnlich und höchst empfehlenswert.