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L' enfant

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L' enfant: Trügerisch einfach gestaltetes und erzähltes Drama über einen mittel- und ziellosen jungen Mann, der sein frisch geborenes Baby gewissenlos verkauft.

Poster

L' enfant

Handlung und Hintergrund

Der zwanzigjährige Bruno (Jérémie Renier) und die achtzehnjährige Sonia (Déborah François) stehen beide auf der untersten Sprosse der sozialen Leiter. Sie ist eine mittellose, frischgebackene Jungmutter, er ein gewissenloser Kleinkrimineller, der zwei zwölfjährige Mädchen für sich stehlen lässt. Als sie sich treffen, ist es Liebe auf den ersten Blick. Doch dann kommt Bruno auf die Idee, Sonias lästigen Racker an eine Drückerbande zu verkaufen …

Sechs Jahre nach ihrem Goldene-Palme-Triumph mit „Rosetta“ gewannen die belgischen Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne erneut den Hauptpreis in Cannes mit diesem realitätsnahen Gegenwartsdrama.

Die 18-jährige Sonia wird mit ihrem frisch geborenen Sohn aus dem Krankenhaus entlassen. Nach längerer Suche stößt das mittellose Mädchen auf ihren Freund Bruno, der sich über Wasser hält, indem er zwei Zwölfjährige für sich klauen lässt und die Gewinne mit ihnen teilt. Er freut sich, Sonia wieder zu sehen, reagiert jedoch indifferent auf seinen Sohn. Als ihm angeboten wird, er könne ihn verkaufen, setzt er die Idee in die Tat um - ohne Sonia einzuweihen und sich Gedanken über die Konsequenzen zu machen.

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Der 20-jährige Bruno verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Drogendeals und Gelegenheitsdiebstählen. Da konfrontiert ihn seine Freundin Sonia eines Tages mit ihrem neugeborenen Sohn. Doch anstatt ab sofort den treusorgenden Vater zu geben, sieht Bruno in dem Baby das schnelle Geld und verschachert es hinter Sonias Rücken an eine Kinderhändlerbande. Ganz ohne Gewissensbisse erzählt er seiner Freundin auch noch von dem „guten Geschäft“. Erst jetzt merkt Bruno, was er angerichtet hat.

Darsteller und Crew

  • Jérémie Renier
    Jérémie Renier
  • Déborah François
    Déborah François
  • Fabrizio Rongione
    Fabrizio Rongione
  • Olivier Gourmet
    Olivier Gourmet
  • Jean-Pierre Dardenne
    Jean-Pierre Dardenne
  • Luc Dardenne
    Luc Dardenne
  • Jérémie Segard
  • Stéphane Bissot
  • Mireille Bailly
  • Anne Gérard
  • Bernard Marbaix
  • Frédéric Bodson
  • Léon Michaux
  • Samuel De Ryck
  • Hachemi Haddad
  • Olindo Bolzan
  • Sofia Leboutte
  • Marie-Rose Roland
  • Annette Closset
  • Philippe Jeusette
  • Denis Freyd
  • Olivier Bronckart
  • Alain Marcoen
  • Benoit Dervaux
  • Marie-Hélène Dozo

Bilder

Kritiken und Bewertungen

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Kritikerrezensionen

    1. „L’Enfant“ beginnt und endet aprupt. Die Geschichte vermittelt auf diese Weise den Eindruck, als zeige sie nur einen kurzen, herausgerissenen Moment im Leben zweier Menschen. Am Anfang stehen Sonia, Bruno und die scheinbare Leichtigkeit des Seins. Sie lieben sich mit kindlicher Intensität, beide sind sie noch nicht erwachsen geworden.

      Beide registrieren nicht, dass sich ihre Welt mit der Geburt des Kindes verändert hat. Doch während aus Sonia eine Mutter wird, ist Bruno noch lange nicht bereit, seine Vaterschaft anzuerkennen. Ganz im Gegenteil verdrängt er diese Tatsache so sehr, dass er in dem Kind keinen Menschen, sondern nur ein Objekt sieht, mit dem sich Geschäfte machen lassen.

      Und so wird er zu einem Mann, der emotions- und verantwortungslos, und ohne weiter darüber nachzudenken, sein eigenes Kind verkauft. Ist dieser Akt an sich schon Übelkeit erregend, wird der wahre Abgrund seines Handelns deutlich, als klar wird, dass er sich selbst keines Unrechts bewusst ist. Mit „Wir machen einfach noch eins“ versucht er völlig irritiert, die kollabierende Mutter zu beruhigen.

      Dabei ist sein Handeln auch Spiegel der zunehmenden Entfremdung von Werten und Normen. Indem eine Gesellschaft gezeigt wird, in der Familienwerte nicht mehr zwangsläufig vermittelt werden, wird die Selbstverständlichkeit von familiären Strukturen widerlegt. Inmitten des Films erkennt man plötzlich, dass zunehmender Zerfall von Familienstrukturen auch Brunos Leben geprägt hat und damit vielleicht mit verantwortlich für sein Handeln ist.

      Zu stolz, um von Sozialhilfe zu leben, steht sein Motto „Arbeiten ist was für Arschlöcher“ in einem bitteren Kontrast zu der Tatsache, dass er den ganzen Tag über damit beschäftigt ist, Geld zu verdienen. In seinem vermeintlich freien Leben ist nur Platz für ihn selbst. Alles was er tut, dient einem Selbstzweck. Das Spannende und Schockierende an ihm ist die Tatsache, dass er keinesfalls böse ist. Man erwartet ein Monster und erkennt einen Menschen.

      Der Film besitzt eine reduzierte, beobachtende Erzählweise. Die Kamera bleibt stets am Protagonisten haften, tritt an ihn heran, erreicht ihn aber nicht. Geliefert wird eine reine Bestandsaufnahme, tiefere Schichten werden nicht freigelegt. Das Spiel der Darsteller ist sehr nuanciert. Jede Geste, jede Bewegung, jedes Zucken im Gesicht scheint perfekt zu stimmen – und verrät doch kaum etwas.

      Die Figur des Bruno ist nicht fassbar, die Abgründe in seiner Person entziehen sich dem Zuschauer vollkommen. Doch es besteht immer wieder Hoffnung, dass sich hinter seinem scheinbar gleichgültigen Gesicht doch noch ernsthafte Gefühle regen könnten. Dennoch bleibt man als Zuschauer seltsam unbeteiligt, reagiert damit ebenso entfremdet auf Bruno, wie dieser auf sein Kind. Und damit schließt sich ein beängstigender Kreis.

      Fazit: Ein sehr intensiver und nuancierter Film über eine zerbrechliche Familie am Rand der Gesellschaft.
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    2. L' enfant: Trügerisch einfach gestaltetes und erzähltes Drama über einen mittel- und ziellosen jungen Mann, der sein frisch geborenes Baby gewissenlos verkauft.

      Sechs Jahre nach ihrem völlig überraschenden Goldene-Palme-Triumph in Cannes mit „Rosetta“, damals vergeben von einer Jury unter Vorsitz von David Cronenberg, wurden die belgischen Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne abermals mit dem Hauptpreis des größten Filmfestivals der Welt ausgezeichnet - erneut für ein trügerisch einfach gestaltetes und erzähltes, aber in seiner dokumentarischer Realität verpflichteten Dringlichkeit stets zwingendes und faszinierendes Drama über ein mittel- und zielloses junges Paar auf der untersten Stufe der Unterschicht, deren frisch geborenes Baby die Beziehung auf eine schwere Belastungsprobe stellt.

      Ein junges Mädchen mit einem Kinderwagen, das die Brüder während der Dreharbeiten ihres vorangegangenen Films „Le fils“, der vor drei Jahren im Wettbewerb von Cannes vorgestellt wurde, beobachteten, bildete den Ausgangspunkt für ihr neuestes Porträt sozialer Verelendung. Bei dem titelgebenden Kind handelt es sich allerdings nicht um das Baby Jimmy, das die 18-jährige Sonia zu Beginn des Films im Kinderwagen durch die viel befahrenen Straßen der unwirtlichen Industriestadt Seraing schiebt - tatsächlich wird der Junge nur einmal gezeigt, ansonsten sieht man bestenfalls seinen hellblauen Anorak. Das Kind ist vielmehr Sonias Freund, der 20-jährige Bruno, ein verantwortungsloser Kindskopf, der sich über Wasser hält, indem er zwei Zwölfjährige für sich klauen lässt und die Gewinne mit ihnen teilt. So geht es Bruno mal besser, meistens aber nicht ganz so gut und bisweilen ziemlich mies, zumal jedes Geld sofort wieder ausgegeben wird. Gleich in seinen ersten Szenen zeigen die Dardennes, dass ihm Sonia wichtig ist und er sie auch aufrichtig liebt - solange sie an seiner Seite ist. Doch Brunos eigentlicher Lebensinhalt sind seine ewigen kleinen Deals, weshalb man Schlimmes ahnt, als ihm eher nebenbei vorgeschlagen wird, er könne doch sein Baby verkaufen. Beinahe umgehend setzt er die Idee in die Tat um. Ohne Sonia davon zu informieren, überlässt er Jimmy für 5000 Euro Drückerbanden. Als sie davon erfährt, erleidet sie einen Zusammenbruch - und Jimmy macht sich daran, seinen kleinen Sohn wieder zurück zu bekommen, womit seine Probleme erst richtig beginnen. Gleichzeitig setzt aber auch ein Bewusstwerdungsprozess bei ihm ein: Wenn Jimmy im letzten Bild des Films vor seiner Sonia in bittere Tränen ausbricht, ist er ein veränderter Mensch - und kein Kind mehr.

      Weniger streng und asketisch als die beiden Vorgänger, die fast ausschließlich über die Schulter ihrer jeweiligen Protagonisten gefilmt wurden, ist „L’enfant“ - der aber keinesfalls weniger präzise erzählt und beobachtet ist - Direct Cinema, aber doch mit großem Stilwillen. Einen Film derart ungeschminkt und ungeskriptet aussehen zu lassen, ist per se eine gewaltige inszenatorische Leistung. Zugleich lässt sich sagen, dass den Dardennes hier nicht nur eine erschütternde Studie der zersetzenden Wirkung von Materialismus und Gier gelungen ist, sondern auch ihre Version eines Actionfilms, immer unter Strom, inklusive einer ausgedehnten Verfolgungsjagd auf dem Motorroller, auch wenn Stunts und Explosionen ausbleiben. Eine Reihe von Szenen bleibt unvergesslich: Wenn Bruno seinen Sohn in einer ungeschnittenen Einstellung in fast völliger Dunkelheit liegen lässt oder wenn er sich auf der Flucht mit seinem zwölfjährigen Kompagnon in einen eiskalten Fluss rettet, dann erzwingt „L’enfant“ eine beinahe körperliche Reaktion - wie einen auch das Gesicht seines Hauptdarstellers Jeremie Renier nicht mehr loslässt: attraktiv, hart, unschuldig und doch frei von Gewissen. Anders als die meisten anderen Filme im Wettbewerb von Cannes, ist das kämpferische Kino der Dardennes ein Kino des Hier und Jetzt, immer nach vorne gerichtet. Allein dafür haben sie die Goldene Palme verdient. ts.
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      1. Radikal und schnörkellos erzählt der aufrüttelnde Film aus einer gefühlskalten, banalen, echten, realen Welt. Wieviel Wert hat ein Kind? Was wird aus aus beschädigten Seelen?

        Jurybegründung:

        Wie ein Ding verscheuert der zwanzigjährige Dieb und Hehler Bruno sein neugeborenes Baby, doch damit verliert er, für ihn selbst ganz unerwartet, das größte Gut seines Lebens: die Liebe seiner Freundin Sonja. Bruno ist ein erwachsener Wolfsjunge, ein „enfant sauvage“, seelisch ein beschädigtes Kind, das die einfachsten menschlichen Regeln noch schmerzlich zu erlernen hat.

        Der Film der Brüder Dardenne hält sich mit psychologischen oder gar psychoanalytischen Erklärungen nicht auf. In seinem moralischen Rigorismus ist „L‘ enfant“ dem Kosmos Robert Bressons nahe. Dominantes Stilmittel ist die Handkamera, die stets ganz nah an den Porträtierten bleibt. Dialoge werden häufig nicht im Schnitt-Gegenschnitt aufgelöst, in ihrem dokumentarischen Gestus vollführt die Kamera dann eher einen Schwenk.

        Der ausschnitthafte Blick auf das Leben in den Straßen einer größeren belgischen Stadt hat etwas Universelles, dem man sich schwerlich entziehen kann. In äußerster Reduktion findet sich hier eine Gleichung aufgemacht zwischen dem Streben nach materiellen Dingen und nach einer sozialen und ethischen Menschlichkeit, die Bruno zu Beginn völlig abgeht und die er sozusagen erst aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände zu lernen beginnt.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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