Kyatapirâ: Japanisches Drama über einen versehrten Kriegsheimkehrer im Jahr 1940, der von seiner Frau gepflegt werden soll.
Der Krieg gebiert Monster - Koji Wakamatsu inszeniert einen wüst-wütenden (Anti-)Kriegsfilm, seine Hauptdarstellerin Shinobu Terajima gewinnt einen Silbernen Bären.
1940, aus dem chinesisch-japanischen Krieg kehrt Leutnant Kurokawa als hoch dekorierter Soldat in die Heimat zurück. Auf dem Festland hat er Arme und Beine verloren, die Stimme und auch sein halbes Gesicht. Der Kaiser hat ihn vielfach ausgezeichnet, im Dorf nennen ihn alle ehrfurchtsvoll „Gott des Krieges“. Nun ist es patriotische Pflicht der Ehefrau Shigeko - Shinobu Terajima gewann für ihr differenziertes Spiel den Silbernen Bären - sich um ihren Mann zu kümmern. So soll sie Tenno und Land ehren, der Raupe, dem „Caterpillar“, der nie mehr Schmetterling werden wird, das Leben so erträglich wie möglich machen.
Wie eine Groteske beginnt der hierzulande weitgehend unbekannte japanische Altmeister Koji Wakamatsu („United Red Army“) seine treffend betitelte 100. Regiearbeit, in der er sich nicht direkt für Schlachten und Schusswechsel, Heldenmut und Feigheit interessiert, sondern für den katastrophalen Effekt der Gewalt auf die menschliche Psyche. Herausgeputzt, in Uniform gesteckt und mit Orden behängt, karrt Shigeko den Gatten im Leiterwagen durch den Ort, ehrfurchtsvoll bestaunen die Dorfbewohner „ihren“ Heroen. Der ist in Wirklichkeit ein veritables Schwein, hat ehe er in den Kampf zog die Gattin misshandelt und Rückblenden entlarven ihn als Vergewaltiger und Frauenmörder. Gebessert, geläutert, hat ihn der Krieg nicht. Jetzt fordert er Sex und Essen, eine Flasche zum Hineinpinkeln und sonst seine Ruhe.
Der Krieg spiegelt sich im Ehedrama wider, der „Held“ ist ein rücksichtsloses Triebbündel, der zu Hause weitermacht wo er an der Front aufgehört hat, Blut, Schweiß, Sperma und Tränen hier wie da. Wochenschaubilder der Bombardierung Tokios und die beiden Atombombenabwürfe schneidet der Regisseur gegen häuslichen Terror. Krieg bringt keine Helden hervor, nur Monster. Das ist keine unbedingt neue Erkenntnis, aber durchaus eine, die es sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen gilt, nicht zu vergessen der glühende Nationalismus, der bedingungslose Hurra-Patriotismus, der an der Heimfront unter den Zivilisten Opfer fordert. Opfer will Shigeko aber nicht mehr sein. Also wehrt sie sich. Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen. Damit ist für sie Schluss. Sehr plakativ vermittelt Wakamatsu seine Botschaft, wütend, drastisch und manchmal vielleicht etwas verkürzt dargestellt. Das nimmt seinem (Anti-)Kriegsfilm aber nicht die Wucht, „Coming Home“ auf japanisch. geh.