Kommissarin Lucas: Spurlos: Kommissarin Lucas muss ein junges Mädchen vor ihrem Entführer retten...
Die Samstags-Krimireihe „Kommissarin Lucas“ ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie man Geschichten auf verschiedenen Ebenen erzählt: Es gibt einerseits die fortlaufende Rahmenhandlung, in der sich die Hauptfigur kaum merklich fortentwickelt; und es gibt andererseits die Konfrontation mit konkreten Herausforderungen, bei Krimis naturgemäß die zu lösenden Fälle.
Beide Ebenen tragen dazu bei, ein immer wieder in sich stimmiges, aber auch immer wieder anderes Bild der Titelheldin zu zeichnen. Und selbstredend kann das niemand besser als der Schöpfer dieser Figur. Thomas Berger („Wir sind das Volk“), der einen Großteil der „Kommissarin Lucas“-Filme geschrieben und inszeniert hat, nutzt das Ermittler-Ensemble, um der Titelheldin neue Seiten abzugewinnen. „
Spurlos“ zeigt das besonders gut: In dem jungen Kollegen Leander Blohm (Florian Stetter) spiegeln sich die Härte und die Dogmatik, mit der sich Ellen Lucas (Ulrike Kriener) zu Beginn von anderen Kommissarinnen abhob. Eine in diesem Film neu eingeführte Figur, die völlig unbefangen und fröhlich drauflos plappernde Julia Brandl (Inez Björg David), ist zunächst ein Härtest für Lucas‘ Nerven, entpuppt sich dann aber als enormer Gewinn für die Abteilung.
All das kombiniert Berger mit einem Fall, der auch ohne den reizvollen Rahmen funktionieren würde. Seine Geschichte orientiert sich an der Gefangenschaft Natascha Kampuschs, doch zunächst führt sie ganz woanders hin. Der Film beginnt mit einer Geiselnahme in einem Café: Ein hoch verschuldeter Unternehmer (Heinrich Schmieder) sinnt auf Rache an seiner Bank, die ihn in guten Zeiten zu einem Kredit nach dem anderen überredet hat und ihn nun kalt lächelnd in die Pleite treibt. Kaum ist der Mann verhaftet, beginnt die Suche nach einer jungen Frau, die vermeintlich unter den Geiseln war, aber nie zu ihrer Verabredung in dem Café erschienen ist. Zum Entsetzen ihrer Eltern (Birge Schade, Michael Fitz) ist Anna wie vom Erdboden verschwunden. Selbst bei der Riege der viel zitierten üblichen Verdächtigen gelingt es Berger, originelle (und markant besetzte) Kandidaten zu präsentieren: der vielversprechende Kommunalpolitiker (Mark Waschke), der eine Affäre mit der jungen Frau hatte; seine zukünftige und möglicherweise eifersüchtige Frau (Anja Kling), deren Alibi prompt zerplatzt; und nicht zuletzt Annas Vater, der seine Tochter vielleicht zu sehr geliebt hat, wie Fotos andeuten.
Vermutlich hat es Berger großen Spaß bereitet, schon gleich zu Beginn eine Fährte zu legen, die zu einem Täter führt, dessen jahrzehntelang aufgestaute Verzweiflung schließlich explodiert; ein echter Test für Hobby-Kriminalisten. Mit ähnlichem Geschick führt er sein Publikum zwischendurch allein durch eine raffinierte Montage gehörig in die Irre. Deshalb ist es fast schade, dass man im Gegensatz zur Polizei zu Beginn des letzten Drittels die Identität des Entführers erfährt. Andererseits ist dies der Auftakt eines fast dreißigminütigen Finales, das typisch ist für diesen höchst gelungenen Krimi: Der Aufwand wirkt überschaubar, aber das Resultat ist bemerkenswert. Gleiches gilt für die Musik (Johannes Kobilke): Nicht zuletzt das an frühe Kompositionen von Kultregisseur John Carpenter („Halloween“) erinnernde Leitmotiv sorgt dafür, dass der Film ständig spannend bleibt. tpg.