Das Thema Rechtradikalismus in den neuen Bundesländern ist heute durch die oft oberflächliche und polemische Presse zum Klischee geworden. Mirko Borscht schafft es in seinem ersten Langfilm, dem ehrlichen und sachlichen Porträt eines jungen Mannes, der vom guten Jungen zum bösen Buben wird, einen neuen Blick. Ihm geht es nicht darum, mit dem anklagenden Finger auf die Missstände zu zeigen, sondern er macht durch sein Verständnis für die Figuren Ursachen auf eine Weise klar, die nicht relativieren, sondern verstehen helfen.
Der Zuschauer kann sich identifizieren mit dem verwirrten Teenager Georg auf der Suche nach dem richtigen Weg, dessen Ängste und Wünsche in absurden Tagträumen sichtbar gemacht werden, und kann nachvollziehen, dass er sich im neuen, fremden Umfeld nicht zugehörig fühlt und meint, in alten Werten wie Mut und Kameradschaft, welche die Clique propagiert, Halt zu finden.
Die neuen Freunde Thomas und Georg, die sich über den Austausch von Kampfweisheiten verständigen, scheinen mehr gemeinsam zu haben als blinde Wut. Immerhin glauben sie beide, dass das wahre Ziel des Krieges der Frieden ist. Es bleibt Hoffnung, dass sie den Widerspruch zwischen der von ihnen gefeierten Kunst des gerechten Kampfes und der erbarmungslosen, blinden Gewalt ihrer Clique erkennen.
Georgs Familie scheint ihm aber dabei kaum behilflich zu sein. Wenn sein Vater zur Verschönerung der tristen Umgebung Blumen pflanzt, schwingt die Erkenntnis mit, dass hier Flowerpower ebenso wenig ausrichten wird wie der räucherstäbchenrauchende Buddha des Trainers. Der Architekten-Vater und die Künstlerinnen-Schwester können und wollen Georgs plötzliche Tendenz zum Rechtsradikalismus nicht verstehen und empfinden sie als Angriff auf sie selbst, der abgewehrt werden muss. In ihrer Ignoranz findet Georg nur Bestätigung.
Georgs Abstieg wird, neben der exzellenten Darstellung von Neuentdeckung Florian Bartholomäi, im Bild auf tragische Weise deutlich in dessen krasser äußerlicher Verwandlung vom gut er- und angezogenen, durchtrainierten Sonnyboy zum heruntergekommenen, Kette-rauchenden Kahlkopf, der nicht mal mehr aufrecht gehen kann, weil er ständig betrunken ist. Seinen unschuldig weißen Taekwondo-Anzug sehen wir ihn bald auch nicht mehr tragen.
Die dreckigen, dunklen Ecken, in denen er und seine Freunde sich herumdrücken, tragen zur Atmosphäre der Verwahrlosung und der Korruption bei. Ein trauriges, aber nicht klischiert wirkendes Bild des Ostens wird hier vom in Cottbus geborenen Regisseur gezeichnet: Teenage-Mütter vor der Schule, überall Baracken und verlassene Gebäude, besprayte Betonwände und dazu die überdimensionierte Deutschlandflagge im Schulzimmer. Das Ost-West-Problem ist zwar präsent, wird aber nicht zum Hauptthema gemacht. Rechtsradikalismus ist eben nicht nur ein Problem der Ostler.
Ein unbedingtes Plus des Films ist seine, vom deutschen Film oft nicht zu erwartende, hervorragende Kameraführung, die ganz bestimmt ein großes Stück zum Erfolg des Films beiträgt. Es sind eindrucksvolle, emotional aufgeladene Bilder von großer Klarheit, die gut mit dem manchmal etwas aufdringlichen Soundtrack, in welchem sich die aufgewühlte Gefühlswelt der Charaktere spiegelt, zusammenwirken.
Nichts wirkt lächerlich oder aufgesetzt, die Gefährlichkeit der Gruppe wird immer präsenter. Einen Höhepunkt des Films bildet eine Szene, in der sich die Clique die Köpfe kahl schert, die es dem Zuschauer in ihrer düsteren Inszenierung, unterlegt mit einer Rockversion des von der Clique immer wieder rituell zelebrierten Liedes vom unsterblichen, gefallenen Kameraden, kalt über den Rücken laufen lässt.
Wer daher angesichts des etwas irreführenden Titels die leichte Abendunterhaltung eines actionreichen Kampffilms erwartet hatte, sollte sich nicht enttäuscht zur Videothek begeben, sondern die Herausforderung annehmen. Außerdem sind die Kampfszenen, die Kombat Sechzehn bietet, erstaunlich gut gemacht und weder unrealistisch noch lächerliche Kleine-Jungen-Prügeleien.
Fazit: Ambitioniertes Erstlingswerk über Rechtsradikalismus und die Kunst des Kampfes von überraschender Bildqualität.