Jet Lag - Oder wo die Liebe hinfliegt: Charmante Konversationskomödie, die Juliette Binoche und Jean Reno als gegensätzliches Paar am Pariser Flughafen stranden und zusammen finden lässt.
Mit Juliette Binoche und Jean Reno treffen im zweiten Spielfilm der routinierten Drehbuchautorin Danièle Thompson („La Buche“) zwei grundverschiedene Ikonen des französischen Kinos aufeinander: Am Flughafen Charles de Gaulles führt das Schicksal den Star des populären Mainstreams und das bekannteste Gesicht des anspruchsvollen Cinéma zueinander. Das Ergebnis ist eine romantische Komödie mit einem Anflug von Screwballelementen, die zwar nicht so recht abheben will, dennoch aber mit charmanter Idee und eben solchen Protagonisten für luftig-leichte Unterhaltung sorgt.
Aus der Feder von Danièle Thompson, Tochter des Produzenten Gérard Oury und mit „Die Bartholomäusnacht“, „La Boum“, „Die Abenteuer des Rabbi Jacob“, „Die große Sause“ etc. eine der besten Autorinnen Frankreichs, stammt auch das Drehbuch zu „Jet-Lag“, das sie gemeinsam mit ihrem Sohn Christopher verfasst hat. Ursprünglich war dies etwa zehn Jahre zuvor als Culture-Clash-Comedy für eine Hollywood-Produktion vorgesehen. Nun wurden beide Hauptrollen mit zwei der populärsten französischen Leinwandgesichter besetzt und von einem der größten Filmkomponisten Frankreichs - Eric Serra - begleitet.
Beschwingt-melancholisch stimmt dieser darauf ein, dass es der Zuschauer in der folgenden, beinahe verhinderten Liebesgeschichte nach klassischem Muster mit zwei grundverschiedenen Charakteren zu tun haben wird - sie (Binoche) auf der Flucht vor ihrem geliebten, aber gewalttätigen Ehemann, er (Reno) unterwegs zu seiner Ex-Frau, die nichts mehr von ihm wissen will; sie flieht vor einem Mann, den sie nicht mehr zu lieben hofft, er folgt einer Frau, die er noch zu lieben glaubt. Er - der erfolgreiche Unternehmer und „Maitre de la Tiefkühl-Cuisine“ Felix, diskret, schweigsam - fliegt in der ersten Klasse von New York nach München. Sie, die weit weniger unterkühlte, aber rechtschaffend naive Kosmetikerin Rose, reist in der Touristenklasse nach Acapulco, ist auffallend, gesprächig, extrovertiert.
Ein Streik der Luftverkehrs-Kontrolle und ein Computerfehler lassen beide am Flughafen Charles de Gaulles stranden. Als Rose ihr Handy in einer Toilette versenkt, ist der geordnete Felix der zufällig Auserwählte, der ihr seines leiht und von nun an mit der auffälligen Person irgendwie symbiotisch verbunden ist. Nicht, dass hier bereits Romantik von den Gestrandeten Besitz ergreifen würde - sind es doch eher die Zwänge der unbequemen Lage, die schließlich dazu führen, dass Felix Rose anbietet, das ihm zu Verfügung gestellte Zimmer im Flughafenhotel zu teilen, als ein genereller Verkehrsstreik die Stadt in völligem Stillstand erliegen lässt. Hier nun beginnt der Film seine zwei endlich zum Innehalten gezwungenen Zwangsneurotiker füreinander zu erwärmen: Er ist pingelig in Bezug auf Essen und Gerüche, sie in jeder Hinsicht ihres Aussehens und Makeups. Missverständnisse und Unverständnis für die Lage des Anderen und einige komische, slapstickreife Momente des Drehbuchs verstehen es wiederum, alle langsam sprießenden Gefühle im Keim und noch im Hotelzimmer zu ersticken. Erst nach etwa zwei Dritteln des Films geschieht ein kleines Wunder in einer charmanten Sequenz, in der Felix Rose ein einfaches Gourmetdinner in der Restaurantküche zaubert und beide ihre sorgfältig getragenen Masken fallen lassen - und die Akteure beinahe gegen ihre Rollen und um so beherzter aufspielen. Kurz darauf, wie auch immer, trennt sie das Streik-Ende, bis beide im letzten Akt, der fast vollständig ohne Dialog auskommt, nach allem screwballmäßigen Hin-und-Her erwartungsgemäß einer optimistischen Lösung entgegenfliegen.
Juliette Binoche gibt ihr Bestes, um mit farbenfrohem Makeup in das gewagte Outfit und die komische Rolle zu schlüpfen. Aber wie auch im Fall von Reno, der ebenfalls ein hervorragender Schauspieler in den richtigen Rollen ist, will der Funke zwischen Binoche und Rose wie auch zwischen den beiden Protagonisten nicht wirklich zünden und den nach dem hochgesteckten Vorbild der Komödie à la américaine gestrickten Szenen und Dialogen fehlt der romantische und ironisch sprühende Unterton. Die französische Variante ist eher grounded wie die Maschinen am Flughafen Charles de Gaulles: Oberflächlich bleibt luftig-leichte Kost ohne Höhenflüge und Tiefgang, die allemal besser ist als ein „Jet-Lag“ und mit der sich jegliche Wartezeiten problemlos überbrücken lassen dürften.cm.