It's Showtime: Bissige Satire, in der das Showbusiness als rassistisch demaskiert wird.
Spike Lee wäre nicht Spike Lee, wenn er nicht auch in seinem neuen Film seinen Kreuzzug gegen den Rassismus in allen Bereichen des amerikanischen Lebens wieder aufnehmen würde. Diesmal steht die Fernseh- und Entertainmentbranche im Kreuzfeuer der Kritik.
Der Titel geht auf eine Rede von Malcolm X zurück, in der die charismatische Führerpersönlichkeit seinen Brüdern zurief, sie seien reingelegt, über den Tisch gezogen und in die Irre geführt worden, für dumm verkauft also: bamboozled. In seiner Satire in Form einer postmodernen Minstrel-Show zeigt Lee, wie Pierre Delacroix, ein frustrierter, schwarzer Harvard-Absolvent unter der Knute seines ungebildeten weißen Chefs eine neue Show entwickeln soll, um dem maroden Sender mehr Zuschauer zu bescheren. Unter Erfolgszwang lässt er sich von alten rassistischen Fernsehshows inspirieren und schafft mit „Mantan. The New Millenium Minstrel Show“ einen Quotenrenner. Als Schauspieler agieren zwei farbige Straßenkünstler, die sich mit Kohle das Gesicht anmalen, auf einer als Plantage arrangierten Bühne ihre Späßchen treiben und wie wild herumsteppen. Die Show wird immer rassistischer, das Publikum kreischt mit geschwärzten Gesichtern vor Vergnügen „wir sind alle Nigger“. Damit alles halbwegs politisch korrekt scheint, stellt man nur schwarze Beleuchter und Toningenieure ein. Delacroix erkennt zu spät, dass der Spaß schon lange keiner mehr ist, dass Schwarze in der Sendung ihre eigenen Ideale verraten und nur weiße Vorurteile und schlechten Geschmack bedienen. Spike Lee, der mit digitalen Mini-Kameras drehte, um Authentizität zu erreichen, mokiert sich nicht nur über das Show-Business, sondern vor allem über farbige und erfolgreiche Entertainer wie Cuba Gooding Jr., Whoopi Goldberg oder Will Smith, die für ihn nicht mehr sind als Marionetten in einer von weißen gelenkten rassistischen Minstrel-Show (in Minstrel-Shows stellten schon im 19. Jahrhunderts als Schwarze zurechtgeschminkte Weiße Afroamerikaner als dumm, faul und albern dar, nach dem Bürgerkrieg übernahmen schwarze Künstler die Tradition und Klischees, die sich auch heute noch, wenn auch in anderem Gewand in Film und Fernsehen wiederfinden). Was als Komödie begann, entwickelt sich zur harschen Sozialkritik, wird am Ende gar zum gewaltvollen Drama, wenn eine militante Farbigengruppe vor laufender Kamera den Hauptmitwirkenden der Show um sein Leben tanzen lässt und vor Mord nicht zurückschreckt. Durch die Überreizung der Handlung funktioniert diese Mischung nicht optimal, Lee will sich nicht für einen der zwei gleichzeitig laufenden Filme entscheiden. Es gibt wunderbar bissige, aber auch wenig sensible Momente. Aber Provokation und Widerspruch gehören zu einem echten Spike Lee-Joint. Und mit diesem bereits im Oktober in den US-Kinos angelaufenen Film wird er gewiss wieder Diskussionen entfachen - zunächst in Berlin und später in den Kinos. mk.