Im Himmel, unter der Erde - Der jüdische Friedhof Weißensee: Der größte jüdische Friedhof Europas als spannender Spaziergang durch deutsche Geschichte, verwunschener Ort der Erinnerung und des Lebens.
Der größte jüdische Friedhof Europas als spannender Spaziergang durch deutsche Geschichte, verwunschener Ort der Erinnerung und des Lebens.
Im Norden der Hauptstadt, auf einer Fläche von 86 Fußballfeldern, liegt dieses unter Denkmalschutz stehende Areal. Wie ein Dschungel wirken die ersten Bilder, bemooste Gräber, die Sonne verdeckende Baumkronen, grün überwucherte Wege, Spiele von Licht und Schatten. Es ist eine andere Welt, die den Besucher empfängt, eine verwunschene und geheimnisvolle. Und das hat diesen Ort auch vor den Nazi-Barbaren geschützt, denen das Gelände nicht ganz geheuer war und die es deshalb nicht betraten, weder den 1880 angelegten Friedhof noch das Archiv zerstörten. Über 115000 Menschen sind in Weißensee bestattet, neben imposanten Mausoleen aus der Zeit des Jugendstils oder Art-Decos finden sich einfache Steine mit verblassten Namen, einige Grabmale wurden von den Bauhaus-Architekten Mies van der Rohe und Walter Gropius entworfen. Unbekannte Tote fanden dort ihre letzte Ruhe ebenso wie der Verleger Samuel Fischer, der Hotelier Kempinski oder die Kaufhausgründer Jandorf (KaDeWe)und Hermann Tietz (Hertie). Die Grabsteine erzählen Geschichten, wenn bei Eltern und Kindern dasselbe Todesdatum steht, heißt das Freitod, bei manchen ist kein Darum eingetragen, sie starben wohl im KZ, oft steht dort nur „in Gedenken an“.
Über viereinhalb Jahre hinweg besuchten Britta Wauer und Kameramann Kaspar Köpke diese Stätte, treffen Menschen, deren Heimat einst Berlin war, oder Nachkommen, die von weither anreisen und den Verstorbenen verbunden sind, von ihren Gefühlen überwältigt werden. Mosaikartig setzen sich Erinnerungen zu einem Ganzen zusammen, zum Gedächtnis an jüdische Bürger. Es geht um Schicksale - tragische, komische, außergewöhnliche - und auch um eine Liebesgeschichte ohne Happy End. Weißensee ist nicht nur Platz für Tote, sondern auch für die Lebenden, sogar eine Familie wohnt auf dem Friedhof. Der Dokumentarfilm verliert sich nicht in Trauer, er weist in die Gegenwart, schildert, wie sich bei aktuellen Bestattungen Rituale ändern. Nicht nur traditionell kleine Steine auf den Grabmälern zeigen, dass die Toten nicht vergessen sind, sondern inzwischen auch Blumen. mk.