I Heart Huckabees: Starbesetzte anarchistische Satire, in der existenzielle Detektive die Zusammenhänge im Leben eines Umweltaktivisten beleuchten.
Fünf Jahre grübelte David O. Russell nach seiner Kriegssatire „
Three Kings“ über die Fragen des Lebens, um sich ihnen schließlich mit einem wilden, chaotischen und anarchistischen Rundumschlag zu stellen. Seine Farce über die Dinge der modernen Existenz ist ein ständiger Balanceakt, ein assoziativer Freiflug, der bei seinen existenziellen Erörterungen skurrile Situationen im Minutentakt beschwört und seinem All-Star-Cast - von Dustin Hoffman über Naomi Watts und Jude Law bis Mark Wahlberg - keinen ruhigen Moment gönnt: Alles wird in Frage gestellt in diesem betont absurden Filmtrip, der auf dem Weg ins Nirvana viele Antworten gibt, den Zuschauer letztlich aber ratlos und trotzdem glücklich zurücklässt.
Sucht man nach Referenzpunkten für „I Heart Huckabees“, liegt man nicht falsch damit, den Russellschen Kosmos als Spannungsfeld zwischen den beiden hippen Andersons, Paul Thomas und Wes, zu beschreiben: Der sich unentwegt selbst neu erfindende Film erinnert an die leicht übersteuerte Realität von „
Punch-Drunk Love„, inklusive eines weiteren melancholischen und etwas disharmonisch eiernden Scores von Jon Brion, ebenso wie an „
Rushmore„, in dem ebenfalls Jason Schwartzman als schräge Hauptfigur beim beharrlichen Feilen am eigenen Glück in einer zunehmend unüberschaubaren Welt im Mittelpunkt steht. So setzt die ebenso existenzielle wie absurde Farce, nach „Flirtin‘ With Disaster“ der zweite Versuch des Regisseurs auf diesem Gebiet, auch mit einem Schwall von unflätigen Flüchen ein, die der Verwirrung der Hauptfigur Albert Markovski mit einem Ausrufezeichen Ausdruck gibt.
Weil er in kurzen Abständen dreimal dem gleichen baumlangen Schwarzafrikaner begegnet ist und nicht an einen Zufall glauben will, engagiert der Umweltaktivist und verhinderte Poet die existentiellen Detektive Bernard und Vivian Jaffe (Dustin Hoffman und Lily Tomlin), die ihn rund um die Uhr ausspionieren sollen, um ihm die kosmischen Zusammenhänge seiner Existenz zu entschlüsseln. Ohne die Expertise der beiden lässt sich bereits sagen, dass der aalglatte Erfolgsyuppie Brad (Jude Law nimmt sich gehörig auf den Arm), ein Manager der Kaufhauskette Huckabees, die ihre neue Filiale ausgerechnet auf jenes Fleckchen Erde bauen will, das Albert zu verteidigen versucht, dem jungen Grübler Magengrimmen verursacht: Mit seiner opportunistischen Weltanschauung inklusive zuckersüßer Freundin (Naomi Watts als Blondchen) steht Brad für alles, was Albert verachtet. Was den Kontrahenten nicht daran hindert, aus Trotz ebenfalls die Dienste der Detektive in Anspruch zu nehmen, wobei das erst seine eigene existenzielle Krise auslöst. Um die allgemeine Verwirrung komplett zu machen, packt Russell in den mit messerscharfen Dialogen und unmöglichen Situation vollgestopften Mix auch noch einen neurotischen Feuerwehrmann (Mark Wahlberg macht sich über sein Macho-Image lustig) und eine französische Nihilistin (ganz klar wird nie, was Isabelle Huppert eigentlich in dem Film zu suchen hat). Warum auch nicht? Alles ist hier erlaubt, wo Tiefschürfendes auf Banales, Geniales auf Albernes und Bedeutung auf Nonsens prallt. Ein Erlebnis ist „I Heart Huckabees“ allemal, einer der ungewöhnlichsten und überkandideltsten Hollywood-Filme der letzten Jahre, der das Herz zwar im Titel trägt, beim Sprengen aller erzählerischen Konventionen wie ein kommerziellerer „
Waking Life“ vor allem Futter für den Kopf ist - und diesen ordentlich durchräumt. ts.