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Herbst / Autumn

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Sonbahar: Melancholisches Drama mit starken Naturimpressionen um einen im Gefängnis gebrochenen, ehemaligen Idealisten, der nach der Entlassung nicht mehr in seinem Heimatdorf Fuß fassen kann.

Poster

Herbst / Autumn

Handlung und Hintergrund

Als junger Mann beteiligte sich Yusuf an sozialistischen Studentenprotesten, was ihm eine drakonische Haftstrafe einbrachte. Die unmenschlichen Bedingungen ruinierten seine Gesundheit, weshalb man ihn nun, unheilbar tuberkulosekrank, gnadenhalber entlässt. Nach der Rückkehr zur verwitweten Mutter in sein in beschaulichen Bergwäldern gelegenes Heimatdorf findet er nicht mehr zurück ins Leben. Nur ein ehemaliger Weggefährte und die heimwehgeplagte Prostituierte Eka finden Zugang zu dem Verstummten.

Darsteller und Crew

Regisseur
  • Özcan Alper
Produzent
  • F. Serkan Acar
Darsteller
  • Onur Saylak,
  • Raife Yenigul,
  • Megi Koboladze,
  • Serkan Keskin,
  • Nino Lejava,
  • Sibel Öz,
  • Cihan Camkerte,
  • Serhan Pirpir,
  • Yasar Güven
Drehbuch
  • Özcan Alper
Musik
  • Yuri Rydahencko,
  • Ayssenur Kolivar,
  • Sumru Agiryürüyen
Kamera
  • Feza Caldiran
Schnitt
  • Thomas Balkenhol,
  • Adnan Elial

Bilder

Kritiken und Bewertungen

4,0
1 Bewertung
5Sterne
 
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4Sterne
 
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3Sterne
 
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2Sterne
 
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Kritikerrezensionen

    1. Die Haftstrafe für sein sozialistisches Engagement wird dem schwer erkrankten Yusuf verkürzt, so dass er nach zehn Jahren zu seiner Mutter in die türkischen Berge zurückkehren kann. Es beginnt eine rastlose Zeit zwischen der Abgeschiedenheit der dörflichen Welt und der Komplexität der Großstadt Istanbuls, wo Yusuf die schöne Prostituierte Eka kennenlernt. Sie ist eine weitere verlorene Seele, die in sich selbst gefangen scheint. Özcan Alper, aktueller Vertreter des türkischen Kinos, versteht sich darauf, die Gefühle der gebrochenen Helden von Isolation, Haltlosigkeit und einer vagen Hoffnung in langen Einstellungen mit der Natur und dem Wechsel der Jahreszeiten zu parallelisieren. Stille, Ruhe und tragische Schicksale entwickeln durch diese symbolgeladene Bildsprache eine ganz eigene Dynamik und schaffen eine unnachahmlich dichte Atmosphäre.

      Jurybegründung:

      Wegen politischer Umtriebe wurde Student Yusuf im Jahre 1997 zu langjährigem Gefängnis in Istanbul verurteilt, nach zehn Jahren aber wegen einer unheilbaren Krankheit vorzeitig entlassen. Er kehrt in sein Heimatdorf im Nordosten der Türkei in den Bergen am Schwarzen Meer zurück, wo er im Haus seiner ebenfalls kränklichen Mutter unterkommt. In einer Gebirgslandschaft von archaischer Schönheit und Weite, wo nur noch alte Menschen wohnen und sterben, scheint Yusuf trotz Freiheit in einer Isolation ähnlich seiner ehemaligen Gefängniszelle auf den Tod zu warten. Wann immer das Wetter es zulässt, vertauscht er deshalb sein Schlafzimmer in der Hütte mit einer Schlafstätte im Freien. Bei einem Ausflug in die nächste große Stadt am Meer trifft er die junge Eka, die hier für ihre Familie und das Kind zuhause in Georgien als Prostituierte ihr Geld verdient. Eka liebt russische Literatur. Und die beiden verlorenen Seelen scheint eines zu verbinden: Der Traum von einer sozialistischen Gesellschaft und einem Land, den ihnen weder die Türkei noch Georgien erfüllen kann. Sowohl Yusufs wie auch Ekas Schicksal machen weder eine gemeinsame Zukunft noch eine Liebesbeziehung erfüllbar.

      Mit behutsamer Langsamkeit inszenierte Özcan Alper sein Erstlingswerk in seiner Heimatregion im Nordosten der Türkei. Mit sparsamen Dialogen und begleitet von einer ebenso sparsam und stimmig eingesetzten Musik offenbart sich eine berührende Geschichte um Sehnsüchte und Ausweglosigkeit, voller Menschlichkeit und Wärme, aber ohne Sentimentalität. Eine hervorragende Kamera zaubert grandiose Landschaftsbilder und Dank dem Einsatz von natürlichem Licht bei den Innenaufnahmen eine besonders stimmige Atmosphäre. Der Blick von Eka vom Hotelfenster auf den wasserumtobten Landungssteg steht im hoffnungslosen Einklang mit Yusufs Blicken aus seiner Berghütte. Und wenn die Kamera mit langsamer Fahrt an Yusuf und seiner Mutter vorbei zum Hüttenfenster hinaus auf einen zum Friedhof ziehenden Trauerzug blickt, ist dies nicht nur parabelhaft der Verweis auf das unvermeidliche Ende der Beiden, sondern auch ein trefflicher Abschluss eines außergewöhnlichen Filmes.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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    2. Herbst / Autumn: Melancholisches Drama mit starken Naturimpressionen um einen im Gefängnis gebrochenen, ehemaligen Idealisten, der nach der Entlassung nicht mehr in seinem Heimatdorf Fuß fassen kann.

      Melancholie und Kontemplation pur verströmt das türkische Arthaus-Drama um einen ehemaligen politischen Gefangenen, der in seinem Bergheimatdorf den Weg zurück ins Leben sucht.

      Mit seinem Spielfilmdebüt stellt Özcan Alper eine sehenswerte Alternative zu Nuri Bilge Ceylan, dem Aushängeschild kontemporärer türkischer Kinokunst, zur Option. Nach einem wahren Festivalmarathon mit erstaunlichem Preissegen sollten nun einheimische Arthausgänger den Starttermin wahrnehmen. In dem melancholischen Melodram um einen (noch) jungen Mann, den die brutale Haft brach, drücken majestätische Landschaften alle Emotionen aus.

      Yusuf (Onur Saylak) ist nach zehn Jahren zwar physisch aus der Haft entlassen, mental aber lebenslänglich hinter Gittern. Als 22-jähriger beteiligte er sich an sozialistischen Studentenprotesten und lernte anschließend türkische Hochsicherheitsgefängnisse kennen, durch die immer noch der Midnight Express fährt. Rückblenden erzählen mit dokumentarischen Videoaufnahmen von der gewaltsamen Niederschlagung des Hungerstreiks gegen die unmenschlichen Bedingungen, wonach Yusufs Gesundheit ruiniert ist. Er ist unheilbar an Tuberkulose erkrankt und wird deshalb vorzeitig entlassen. Er kehrt in sein Geburtsdorf an der georgischen Grenze zurück, eine archaische Bergwelt, wo seine nunmehr verwitwete Mutter vor Sorge um ihn vergeht. Hustengeplagt schweigt er zum Geschwätz der alternden Anrainer, findet nur bei seinem früheren Mitstreiter Mikhail Anschluss, während er sonst auf der Suche nach der verlorenen Zeit ist.

      Dieser Stillstand, während die Welt sich weiterdrehte, er seine Ideale verlor und Yusuf zum Fremden im eigenen Land degradierte, spiegelt sich im Low-Fi-Stil, der doch spektakulär ist: Fast nur mit Naturlicht meditiert Feza Caldirans Kamera über eine abgeschiedene Bergwaldwelt, in der ein heraufziehender Winter den sonnigen Herbst ablöst und immer wieder an Theo Angelopoulos‘ Nebellandschaften gemahnt - abzüglich aller Bedeutungsschwere. Ein stiller Film, der die Einsamkeit und Isolation, die Gefangenschaft in sich selbst, die Einkehr und Erinnerung mit besinnlichen Impressionen artikuliert.

      Das Schicksal eines Mannes, der daran scheitert, wieder ins Leben zurück zu finden, kreuzt Alper mit dem der Immigrantin Eka (Megi Kobaladze), die heimwehgeplagt ihren Körper verkauft, um ihre Familie in Georgien zu unterstützen. Zwischen den beiden Grenzgängern der Gesellschaft zeichnet sich eine zarte Annäherung ab. Yusuf pendelt zwischen Bergeinsamkeit und sehnsuchtsvollen Besuchen an Schwarzmeergestaden. Die Natur dient als aufwühlende Metapher für die unausgelebten Gefühle, gerade weil die phantastischen Stimmungsbilder nicht aufpoliert sind. Mag dieser Film und sein Protagonist auch in sich selbst versunken sein - Alper, Jahrgang 1975, erzählt exemplarisch über seine Generation - in einer traurigen und sehenswerten Geschichte. tk.
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