Heinrich der Säger: Schräge Komödie um einen leidenschaftlichen Eisenbahner, der Rationalisierungspläne durch Sabotage verhindern will.
Mit offensichtlicher Lust an der Übertreibung als „Das ultimative Railroadmovie mit fantastischen Bildern, Action, Thrill, Romantik und schrägem Humor“ von der PR angekündigt, entpuppt sich das Kinocomeback des Allgäuer Regieschlitzohrs Klaus Gietinger als liebenswert altmodisch und fast solidarisch mit seinen Inhalten. Wie der Provinzbahnhof und die regionale Strecke, der hier die Stilllegung drohen, wirkt „Heinrich der Säger“ ein wenig verstaubt und von der Zeit überholt, auch wenn er sich als Widerhaken im Trendgeschmack ein alternativ denkendes, kleineres Arthouse-Publikum erschließen könnte.
Die deutsche Provinzwirklichkeit, die Gietinger 1986 eine Bundesfilmpreis-Nominierung für „Daheim sterben die Leut'“ einbrachte, bildet auch 15 Jahre später das Milieu, in dem Beamtendummheit und Privatwirtschaftswillkür mit individualistischer Rebellion kollidieren. Der kritische Ton ist dabei mild satirisch und tritt hinter den Überzeichnungen des Plots und den schrulligen Ticks der Figuren zurück, die den Film humoristisch tragen sollen. Manches davon, weil nicht optimal eingesetzt, verpufft in seiner Wirkung. Ob nun Meret Becker mit Gretelzöpfen, Holzschuhen und Gans im Schlepptau einen Stereotyp karikiert, sich strenggläubig wie Jeanne D’Arc im Auftrag Gottes geiselt oder Karina Krawczyk als Polizistin mit ständig wechselnden, deplazierten Outfits sich als Moderevolutionärin präsentiert. Der Plot verbindet eine Liebesgeschichte zwischen Beckers Provinzheiliger und einem Briefträger mit den Sabotageaktionen ihres Eigenbrötlervaters (Rolf Becker), der die Einsparungspläne der Eisenbahngesellschaft torpedieren will. Mit radelnden Polizeieinheiten, sprechenden Gräbern und demonstrativ im Bildvordergrund platzierten Papp-Kakteen, die am Ende Sardinien zu Südamerika machen sollen, bemüht sich der Film um surreale und absurde Züge, weicht aber auch Plattheiten nicht aus, wenn beispielsweise Krawczyk und Rolf Becker im Bett um die Wette stöhnen. Wirklich komisch sind, verglichen damit, kleine Details, wenn etwa das mit ihren sündigen Gedanken kämpfende Gänse-Girl Becker vom Verehrer Gänseblümchen und Kondom geschenkt bekommt. Insgesamt bleibt das Ergebnis vor allem in der zweiten Hälfte hinter den Ambitionen zurück, spricht deutlich ein älteres Publikum an und zeigt, dass der Individualist Gietinger zwar privat mit der Zeit geht (er hat eine eigene, charmante Homepage), im Kino aber in der Vergangenheit lebt. kob.