Heimliche Freunde: Mit märchenhaften Momenten bestückte, tragikomische Geschichte einer Freundschaft zwischen Außenseitern.
Bei den Internationalen Hofer Filmtagen galt John Duigans poetische Geschichte über die seltsame Freundschaft zwischen einem kleinen Mädchen aus der Mittelschicht und einem jungen Outcast als Geheimtip. „America the Beautiful“ zeigt sich in diesem märchenhaften Drama als Hort der Vorurteile, in dem Konventionen ebenso sorgsam gepflegt werden wie der der ordentliche Rasen vorm ersparten Eigenheim.
Es gibt nichts Schlimmeres als die netten, sterilen Neubausiedlungen am Rand der Stadt. Dort, wo jeder jeden kennt und beobachtet, die soziale Kontrolle funktioniert und nichts geheim bleibt. Und wenn so eine Ansammlung von Puppenhäuschen noch den bedeutungsschweren Namen „Camelot Gardens“ trägt, weiß man, daß Unheil lauert hinter den gebügelten Gardinen. In diese adrette Umgebung zieht die zehnjährige Devon (eine Entdeckung: Mischa Barton) mit ihren Eltern. Sie findet keinen Kontakt zu Gleichaltrigen, die Nachbarskinder langweilen sie, ganz im Gegensatz zum 20jährigen Trent (Sam Rockwell aus „Box of Moonlight“), der abseits der Idylle in einem heruntergekommenen Wohnwagen lebt. Er gehört für die Snobs der gehobenen Klasse zum „White Trash“, darf den Rasen mähen, Handlangerdienste verrichten und muß noch um seinen Hungerlohn betteln. Zwischen den beiden Außenseitern entwickelt sich eine Freundschaft, die den Argwohn der Eltern erregt und ein paar reiche Lümmel dazu bewegt, dem Underdog mit Gewalt zu zeigen, wer am längeren Hebel sitzt. Als dann noch einige CDs verschwinden und Trent in Gegenwehr einen Dobermann tötet, rotten sich die braven Buben zusammen und rüsten zum ultimativen Kampf, um den Bösen den Garaus zu machen. Da wacht Devon aus ihren Baba-Yaga-Märchenträumen auf und hilft in letzter Sekunde.
Duncan Kenworthy, 1994 zum „Besten britischen Produzenten“ ernannt, brauchte nur sieben Wochen, bis er grünes Licht für die Finanzierung bekam, und begeisterte auch schnell John Duigan für die Story. Dem in England geborenen Regisseur, der die meiste Zeit seines Lebens in Australien verbrachte, gelingt ein kleines Kinowunder der leisen Töne, das hoffentlich nicht im lauten Armageddon-Getöse untergeht. Duigan, der schon Meriten mit den extravaganten Filmen „Verführung der Sirenen“ oder „Weg der Träume“ sammelte, verknüpft geschickt Drama, Märchen und Magie, Absurdität und Naivität, Trauer und Fröhlichkeit, erzählt mit großer Sensibilität ein zu Herzen gehendes Epos von Unschuld und Rebellion, vom ungebändigten Anderssein und von der Flucht in das Reich der Phantasie, in dem sich selbst militärisch kurzgeschnittener Rasen zum geheimnisvollen Urwald wandelt. Wenn am Ende die Protagonisten im wahrsten Sinne des Wortes abheben, hofft man, daß dieser wundersame Film auch an der Kinokasse abheben wird. mk.