Eye in the Sky: Terrorismus-Thriller um eine Gruppe von Militärs und Politikern, die die Entscheidung treffen müssen, ob man gesuchte Terroristen in Kenia mit einer Drohne ausschaltet.
Ein Kriegsfilm. Keine Panzer, keine Bodentruppen, keine bärbeißigen Offiziere, keine im Schlamm robbenden Soldaten - nur ein „Eye in the Sky“, ein „Auge am Himmel“. Mit der Hilfe von Drohnen wird heute gekämpft. „Minimalinvasiv“ wie es im Armeejargon heißt. Der französische Philosoph Paul Virilio, der in „Krieg und Kino - Logistik der Wahrnehmung“ den Ursprung moderner Kriegsführung mit der Erfindung der Montgolfière gleichsetzt, schreibt: „Die Fusion ist vollzogen, de Konfusion vollkommen. Nichts unterscheidet mehr die Funktion der Waffe von der des Auges; das Bild des Projektils und das Projektil des Bildes werden eins: Aufspüren und Treffen…“
Als Ausgangsidee für sein Drama könnte Gavin Hood („
Tsotsi„) diese These gedient haben, das Sujet indes, man denke an Andrew Niccols „
Good Kill - Tod aus der Luft„, ist nicht neu. In einem Container in Nevada sitzt Steve Watts (Aaron Paul), mit seiner hochauflösenden Kamera hat er Aisha Al Hady (Lex King) aufgespürt. Seit Jahren ist Colonel Katherine Powell (Helen Mirren), Londoner Chefin der „
Operation Cobra„, der britischen Staatsbürgerin auf der Spur. Als nun bekannt wird, dass das Mitglied der somalischen Terroristengruppe Al Shabab in Kenia einen Anschlag plant, überschlagen sich die Ereignisse. Es gilt, die Selbstmordattentäterin zu „neutralisieren“. Das Problem: In der „Kill Zone“ hält sich ein neunjähriges Mädchen auf, das Brot verkauft.
Welche Opfer sind erlaubt, um Menschenleben zu retten? Diese heikle Frage stellt der einschlägig vorbelastete Guy Hibbert („
Omagh - Das Attentat„) in seinem differenzierten Drehbuch, das sich durch die genaue Kenntnis militärischer bzw. politischer Befehlsketten auszeichnet und aufzeigt, wie man sich durch den Gebrauch euphemistischer Worthülsen von jedweder Schuld freizumachen versucht. Allen beteiligen Parteien scheint nichts wichtiger, als sich aus der Verantwortung zu stehlen. Der britische Verteidigungsminister laboriert an einer Lebensmittelvergiftung, sein US-Kollege weilt - wie einst Präsident „Tricky Dick“ Nixon - auf Ping-Pong-Mission in China und der Premier Ihrer Majestät ist beschäftigt und schwer zu erreichen.
Kubricks „Dr. Strangelove“ wirft lange Schatten, im „
War Room“ hat sich seit dem Kalten Krieg wenig geändert. Ms Mirren macht im Tarnanzug eine ebenso gute Figur wie als „The Queen“, Alan Rickman stellt hier letztmalig Mal sein Können als Charakterdarsteller unter Beweis und Paul („
Breaking Bad„) ringt als Mann am Abschussknopf mit seinem Gewissen. In dunklen Räumen wird dauertelefoniert, in der gleißenden Sonne steht das Kind und versucht, die Haushaltskasse aufzubessern. Ein Spiel aus Schatten und Licht, bei dem entschieden werden muss, was richtig und was falsch ist - bitterböse, grotesk, manchmal auch zum Lachen, würde das einem nicht im Hals stecken bleiben, angesichts der komplexen Gewissensentscheidung. geh.