Pereira, Kulturredakteur in Lissabon, lebt nach dem Tod seiner Frau ein Nischendasein. Vor der Realität des wachsenden Faschismus flüchtet er sich in die Welt der Literatur. Erst ein junger, mit einer Kommunistin befreundeter Mitarbeiter, öffnet ihm die Augen. Als rechte Miliz ihn zu Tode prügelt, handelt Pereira und bringt die brutale Aktion auf die Frontpage.
Anrührendes Porträt eines Menschen, der im Alter noch einmal Zivilcourage beweist. Nach Tabucchis Bestseller.
Erklärt Pereira: Anrührendes Porträt eines Menschen, der im Alter noch einmal Zivilcourage beweist. Nach Tabucchis Bestseller.
Bestsellerverfilmungen sind eine heikle Angelegenheit. Den Ansprüchen der sich an der literarischen Vorlage klammernden Leser, dem bildorientierten Zuschauer oder gar dem am eigenen Wort hängenden Autor zu genügen, erfordert mehr als Geschick. Dem italienischen Regisseur Roberto Faenza gelingt die Quadratur des Kreises: Antonio Tabucchis Erfolgsroman „Erklärt Pereira“ setzt er als das anrührende Porträt eines Menschen um, der nach Jahren politischer Lethargie im Alter plötzlich noch einmal Zivilcourage beweist.
„Sostiene Pereira“ landete 1994 nach Erscheinen schnell auf den Bestsellerlisten. Roberto Faenza entschied sich nach nur wenigen Stunden Lektüre für das Projekt - ein Treffen mit Autor Tabucchi, Erwerb der Filmrechte, Beginn der Produktion und Wahl Marcello Mastroiannis für die Figur des alternden Kulturredakteurs, das alles ging im rasenden Tempo vonstatten. Dem Thema Vergangenheitsbewältigung nähert er sich mit großer Sensibilität, verzichtet auf die üblichen linken Klischees und Parolen, entwickelt statt dessen einen sehr persönlichen Zugang zu diesem schwierigen und tabuisierten Sujet. Der Film beginnt wie das Buch mit den Worten „Pereira erklärt“, eine Wendung, die immer wiederkehrt und dem Zuschauer durch philosophische und politische Exkurse hinleitet zum sehr menschlichen Aspekt. Pereira, Kulturredakteur der Zeitung „Lisboa“, lebt nach dem Tod seiner Frau, von der er sich im Zwiegespräch immer noch Ratschläge holt, ein Nischendasein. Vor der Realität des wachsenden Faschismus flüchtet er sich in die Welt der Literatur und Gedanken über den Tod. Erst ein junger, mit einer Kommunistin befreundeter Mitarbeiter, der Vorab-Nachrufe auf berühmte Persönlichkeiten schreiben soll, öffnet ihm die Augen für das, was unter Diktator Salazar im Lissabon des Jahres 1938 passiert. Der Schöngeist, der nichts mit schnöder Politik zu tun haben will, entwickelt Sympathie für den jungen Mann mit der „Vernunft des Herzens“. Als rechte Miliz den Widerständler in seiner Wohnung zu Tode prügelt, handelt Pereira. Mit subversiver Energie bringt er die brutale Aktion auf die Frontpage.
In großer Werktreue (nicht zuletzt durch die Mitarbeit Tabucchis am Drehbuch) bewahrt Faenza die dichte Atmosphäre des Buches und den Ton der Dialoge, ohne nur eine Sekunde „papieren“ zu wirken. Im Gegenteil, der Regisseur spielt souverän auf der Klaviatur der Gefühle, die Geschichte packt emotional, die Besetzung stimmt bis in die kleinste Nebenrolle. Das große Plus dieser kongenialen Verfilmung ist vor allem ein grandioser Marcello Mastroianni (in seiner vorletzten Rolle). Wie der im Dezember 1996 verstorbene Schauspieler als Pereira sich langsam von Fatalismus und Passivität befreit, die Kraft zu einem Neuanfang findet, die Zensurbehörde mit fast revolutionärem Elan noch einmal so richtig reinlegt, dafür hat er posthum einen „Oscar“ und dieses einfühlsame Meisterwerk jede Menge Publikumszuspruch verdient. mk.