Im Abspann ihres zweiten Spielfilms, Eine andere Liga, lässt Regisseurin Buket Alakus Leute erklären, was Abseits bedeutet. Das wird schwierig, und einer sagt, beim Abseits sei es wie mit der Liebe: Man wisse, was gemeint sei, ohne es erklären zu können. Alakus lässt hier eine junge Frau in eine der schlimmsten Abseitsfallen laufen, die ihr das Leben stellen kann: Krebs und die Amputation einer Brust.
Dass die Geschichte nicht in den Tränen ertrinkt, die die tief versehrte Hayat in sich hineinschluckt, ist ein großes Verdienst dieses um Ernsthaftigkeit bemühten Dramas, das auch humorvolle Seiten nicht scheut. Die sehr junge Frau ist schön wie das blühende Leben, doch sie wird von der Angst gepeinigt, dass ihre Jugend, Attraktivität, ihre Chancen auf Erfüllung in der Liebe für immer dahin sind.
Der Film geht ungeheuer feinfühlig mit diesem abgründigen Thema um, zwingt weder den Zuschauern schauerliche Bilder auf, noch seine Hauptdarstellerin, ihre emotionale Bürde theatralisch nach außen zu tragen. Im Gegenteil, ist das Spiel von Karoline Herfurth von einer Zurückhaltung, die eine manchmal bis zum Zerreißen gespannte Atmosphäre erzeugt. Ihre wütenden, traurigen, um Fassung ringenden Blicke vor dem Spiegel, oder beim Betrachten eines BHs, spiegeln so eindringlich ihre Isolation, dass man sich regelrecht danach sehnt, sie könnte aus ihr herausfinden.
Dieser schauspielerischen Meisterleistung Karoline Herfurths, die in der Rolle der Hayat vor allem darum kämpft, so unbeschwert wie früher sein zu dürfen, stellt die Regisseurin Bilder an die Seite, die oft mehr andeuten, als sie zeigen. Der Vater ist ein vermutlich vom Alkohol und der Trauer um seine an Krebs gestorbene türkische Frau schwer gezeichneter Mann. Einmal sitzt er im Zimmer und betrachtet etwas: Man sieht nicht genau, was es ist, aber man weiß natürlich, es muss ein Bild seiner Frau sein.
Dem Vater geht es noch schlechter als Hayat, zumindest wirkt er so und damit erhält diese Vater-Tochter-Beziehung ein paar Fragezeichen mehr, als der Film auflöst. Auch sollte man sich von der halbtürkischen Herkunft Hayats keine weitergehende Milieuthematik erwarten. Da die türkischstämmige Regisseurin, die in Hamburg aufwuchs, den Film ihrem Vater widmet, scheinen ihr die Figur des Vaters und die ethnischen Wurzeln Hayats persönlich wichtig zu sein, sind aber nicht zentral für die Geschichte.
Der leichtlebige Frauenheld Toni (Ken Duken), der sich in Hayat verliebt, ist als Rolle besser entworfen. Von dem etwas zynischen Witzbold, der Hayat und ihre Freundin anfangs noch mit Sprüchen nervt wie: Was hätte aus euch werden können, wenn ihr Männer wärt!, entwickelt sich Toni zum Mann, der tiefer Gefühle fähig ist.
Buket Alakus ist mit Eine andere Liga ein schöner Spielfilm gelungen, der seinem schweren Thema gewachsen ist. Man sieht eine lange, zärtliche Liebesszene, die so intensiv und gleichzeitig behutsam ist, wie die ganze Inszenierung. Macht nichts, dass am Ende klischeehaft von der schnell noch eingewechselten Hayat das rettende Tor im Fußballspiel kommen muss.
Fazit: Eine brustamputierte junge Frau kämpft auf dem Fussballplatz und vor dem Spiegel um Lebensmut: Intensiver und behutsamer Film, der seinem Thema gewachsen ist.