Wenn man ohne Drehbuch dreht, eine rein charakterbasierte Geschichte improvisiert, dann ist immer die Gefahr, dass man am Ende nicht das Material bekommt, das man bräuchte, um die geforderte Prägnanz zu erreichen. Jan Georg Schütter ist das Risiko eingegangen und hat leider verloren.
Seine sechs Darsteller hat er mit kompletten Rollenbiographien ausgestattet und dann zwei Tage in einem Haus am See mit ihnen gedreht ohne vorherigen Plot, mit wenigen Anhaltspunkten, was irgendwann mit der einen oder anderen Figur passieren sollte 85 Stunden gefilmtes Material waren das Ergebnis. Doch anfangs so erzählen es die Schauspieler selbst herrschte beim Dreh erst Mal stundenlanger Stillstand, uninteressanter Smalltalk der Charaktere, die ja ganz und gar nichts voneinander wussten und sich zunächst einmal abtasteten. Ab einem bestimmten Punkt dann einer abendlichen Lagerfeuerszene hat sich die Geschichte, von den Figuren her, so weit von der Vorstellung des Regisseurs fortentwickelt, dass Schütte doch mal abbrechen und ab diesem Punkt neu drehen musste.
Dennoch aber ist leider offenbar nicht genügend brauchbares Material herausgekommen, um der Vision Schüttes zu genügen im Schnitt hat er gekittet, was ging, aber dennoch sind immer wieder überraschende Stimmungsumschwünge, plötzliche, unvermutete Gefühlsausbrüche vorhanden, die durch das vorher gezeigte kaum motiviert sind. Andere Andreas Dresen etwa oder Valeska Grisebach mit Sehnsucht oder Sonja Heiss mit Hotel Very Welcome haben sehr viel besser vorgemacht, wie aus improvisiertem Material ein spannender, stringenter Film werden kann. Und nicht zuletzt auch Schütte selbst in seinem Debüt Swinger Club, in dem er ganz ähnlich vorging, Schauspieler an einer Location in eine Marathonimprovisation filmte, damals in einem Haus am Deich bei einer Hochzeitstagfeier: das war die bessere Version von Die Glücklichen.
So kann sich jedenfalls der gewünschte Gegensatz von Insidern, der alten Freunde und WG-Genossen Hans, Tom und Helene, und den Außenstehenden, ihren Partnern (sie sie alle erst wenige Tage oder Wochen kennen) einstellen. Weil es offenbar im Schnitt nicht möglich war, die Kontraste und Konflikte der sechs Charaktere untereinander klar herauszuschleifen.
Und, weiteres Problem: Die Grundspannung des Films spielt die meiste Zeit gar keine Rolle. Dass Hans nämlich, ein ganz und gar erfolgloser Schriftsteller, Reichtum und materielles Glück nur vorgaukelt, dass er also alle anderen täuscht mit seinem angeblich eigenen Porsche, dem angeblich eigenen schicken Anzug, dem angeblich eigenen Haus am See: das tangiert den Film zu 90 Prozent seiner Spielzeit gar nicht. Zumal die Motivation von Hans will er Reichtum heucheln, um nicht dumm dazustehen, oder um die Reaktion der anderen zu testen völlig unklar bleibt.
Fazit: Eine vollständig improvisierte Geschichte, die leider danebenging. Weil sich aus dem Auseinandertreffen der klug erfundenen Charaktere trotz allem nicht die erforderliche Reibung ergab.