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Marvel: Warum die größte Filmreihe überhaupt ihrer Vorbildrolle nicht gerecht wird

Marvel: Warum die größte Filmreihe überhaupt ihrer Vorbildrolle nicht gerecht wird
© IMAGO / Everett Collection

Es tut sich was in Sachen Repräsentation im großen Marvel Cinematic Universe. Doch warum dauerte das so lange? Und warum wirkt es meist nur wie ein Lippenbekenntnis?

„Aus großer Kraft folgt große Verantwortung.“ Unzählige Menschen auf dem Globus kennen dieses Zitat von Spider-Mans Onkel Ben, das untrennbar mit der Identität des beliebtesten Superhelden der Welt verbunden ist. Immerhin darf es in praktisch keiner Geschichte über die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft fehlen. Dank „Spider-Man: No Way Home“ schaffte es das Zitat erstmals auch ins Marvel Cinematic Universe (MCU) – das sich an diese Losung allerdings leider selbst nicht immer hält.

Das MCU ist die erfolgreichste Filmreihe aller Zeiten und diesen Vorsprung dürfte es in den kommenden Jahren noch ausbauen. Auch wenn die oft prophezeite Superheld*innen-Müdigkeit sich so langsam bemerkbar macht – siehe „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ – so spielen die Filme doch weiterhin weltweit hunderte Millionen US-Dollar an den Kinokassen ein. Zusätzlich starten mehrere MCU-Serien pro Jahr, die sich beim Streamingdienst Disney+ stets großer Beliebtheit erfreuen oder angesichts von großen Kontroversen wie um „She-Hulk“ immerhin die Vermutung nahelegen, dass viele Leute sie sehen.

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Folglich hat das MCU eine enorme Kraft und damit laut Onkel Ben auch eine große Verantwortung. Die populären Filme prägen wie etliche Blockbuster vor ihnen das Bild der Gesellschaft beim Publikum. Die Verantwortung liegt entsprechend darin, wahre Lebensrealitäten abzubilden und vor allem den jüngeren Kinogänger*innen zu zeigen, dass sie selbst ein Teil der Gesellschaft sind und Akzeptanz anderen gegenüber zeigen sollten. Das schließt natürlich auch die LGBTQIA+-Community mit ein, die jedoch im MCU – wie etliche andere Gruppen – erschreckend unterrepräsentiert ist. Dabei hat das Franchise mit seinen inzwischen 32 Filmen und acht Serien und entsprechend vielen Figuren doch eigentlich genug Chancen, um für mehr Repräsentation zu sorgen. Doch warum kam es dazu lange Zeit nicht? Wo steht das MCU heute? Und ist Besserung in Sicht?

Was bedeutet LGBTQ?

Der Fisch stinkt vom Kopf her

Den Namen Isaac „Ike“ Perlmutter kennen vermutlich nur Leute, die sich wirklich intensiv mit der Hollywood-Unterhaltungsbranche auseinandersetzen. Dabei bestimmte der 1942 geborene Perlmutter über Jahre hinweg als CEO die Geschicke von Marvel Entertainment und bis 2015 damit auch die Marvel Studios. In jenem Jahr konnte sich Marvel-Studios-Präsident Kevin Feige, der als Architekt des MCU gilt, aus dem Würgegriff von Perlmutter befreien. Das muss man wirklich so hart formulieren, denn laut Hulk-Darsteller Mark Ruffalo drohte Feige 2012 im Zuge des ersten Avengers-Films mit seinem Abgang von Marvel, weil Ike Perlmutter mehr Diversität im MCU blockierte (via CBR).

Perlmutter, der republikanischen Politiker*innen, unter anderem Donald Trump, Millionensummen spendete, war in Hollywood schon länger wegen seiner rückwärtsgewandten Ansichten verschrien. Angeblich soll er beispielsweise den Wechsel bei der Besetzung von James „Rhodey“ Rhoades von Terrence Howard zu Don Cheadle im MCU mit der rassistischen Bemerkung heruntergespielt haben, dass alle Schwarzen „gleich aussehen“ würden und das Publikum die Änderung somit gar nicht groß bemerken werde (via Financial Times).

2019, als Feige zum CCO von Marvel Entertainment aufstieg und somit seitdem die kreative Ausrichtung des gesamten MCU beaufsichtigt, bestätigte er gegenüber The Hollywood Reporter (via IGN), dass Perlmutters Veto gegen die von Feige gewünschte Repräsentation der Grund für die Neuausrichtung im Jahr 2015 war. Auch wenn die Darstellung, die mangelnde Diversität im MCU lag an einem einzigen Mann, sicherlich zu einfach ist: Seit Perlmutters Einfluss sank und der von Feige anstieg, ist tatsächlich ein deutlicher Wandel in dem Franchise bemerkbar. Mit „Black Panther“ erschien 2018 der erste Solo-Film eines nicht-weißen Superhelden im MCU, im Jahr darauf führte mit „Captain Marvel“ elf Jahre nach dem Start des MCU endlich eine Frau den ersten Titel der Reihe als Protagonistin an. Im Verlauf der 2021 gestarteten Phase 4 wurde dieser Trend noch offensichtlicher, dank Projekten wie „Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“, „Eternals“ und „Ms. Marvel“. Für die LGBTQIA+-Community geht es allerdings deutlich gemächlicher voran.

Der Status quo: Rausgeschnitten, versteckt oder nicht wichtig genug

2017 sollte es eigentlich so weit sein: Die erste queere MCU-Figur sollte ihren großen Auftritt haben. Und nicht mal irgendwer, sondern Valkyrie, die toughe Kriegerin aus Asgard, gespielt von Hollywood-Star Tessa Thompson und einer der wichtigsten Neuzugänge in „Thor: Tag der Entscheidung“, sollte für diese Premiere sorgen. Es wurde gar eine entsprechende Szene gedreht, die kurz zeigt, wie eine Frau das Zimmer von Valkyrie verlässt. Zu sehen bekamen wir die allerdings nie, angeblich weil die Einstellung von dem narrativen Element des Moments abgelenkt habe (via Rolling Stone). So erfuhren wir erst im Nachhinein – in Hollywood-Werken leider oft der Fall –, dass Valkyrie im MCU bisexuell ist.

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Das LGBTQIA+-Debüt gebührte deswegen dem trauernden Mann in „Avengers: Endgame“, der in der Therapierunde mit Captain America (Chris Evans) darüber sprach, dass er mit einem Mann auf einem Date war. Dass dieser trauernde Mann, den „Endgame“-Regisseur Joe Russo in einer einzigen Szene verkörperte, nicht einmal einen Namen erhielt, dürfte bezeichnend genug für diese Premiere sein.

Phase 4 des MCU war allerdings auch in diesem Bereich auf dem richtigen Weg, wobei noch deutlich Luft nach oben ist. So outete sich Loki (Tom Hiddleston) in seiner gleichnamigen Serie zwar als bisexuell, dass er eine Beziehung oder auch nur ein Verhältnis mit einem Mann hatte, bekamen wir allerdings nie zu sehen. Dass Loki zudem genderfluid ist, wurde zwar in seiner Akte bei der Time Variance Authority (TVA) enthüllt. Um das zu entdecken, musste man allerdings schon sehr genau hinsehen, womit die meisten davon wohl ebenfalls im Nachhinein durch die Berichterstattung im Internet und Kommentare in den Sozialen Medien, nicht aber in der Serie selbst erfahren haben dürften.

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Wie ein wirklich wichtiger Schritt in die richtige Richtung wirkte entsprechend erst die Darstellung von Phastos (Brian Tyree Henry) in „Eternals“. Der offen homosexuelle Superheld wurde in dem Film mit seinem Mann und dem gemeinsamen Sohn gezeigt, womit diese Lebensrealität von etlichen Menschen endlich im MCU stattfand. Zudem wehte hier auch plötzlich ein anderer Wind im Umgang mit Ländern, in denen nicht-heterosexuelle Beziehungen weiterhin unter Strafe stehen oder zumindest gesellschaftlich geächtet werden. Wie so oft fragten einige Staaten bei Disney an, dass die Szenen mit Phastos Familie aus „Eternals“ geschnitten werden. Das Studio weigerte sich diesmal allerdings, dem nachzukommen und gab damit der Repräsentation Vorrang vor den Einnahmen aus diesen Ländern.

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Dies geschah erneut bei „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“, wo die Mütter der neuen Superheldin America Chavez (Xochitl Gomez) in einigen Ländern zu einem dortigen Verbot des Marvel-Films führten. Auch hier blieb Disney stur und beugte sich nicht der Forderung, die Szene mit Americas Müttern herauszuschneiden. In den Comics ist America Chavez übrigens lesbisch, was in „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ allerdings nicht thematisiert wurde. Lediglich ein Regenbogen-Pin konnte an ihrer Jacke entdeckt werden. Teils wirkt es weiterhin, als gehe das MCU zwei Schritte in die richtige Richtung und dann einen zurück.

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Zu früh gefreut?

Dass Disney inzwischen nicht mehr darauf aus zu sein scheint, Verbote eigener Filme in einigen Ländern zu verhindern, gab durchaus Anlass zur Hoffnung. Immerhin wurde deswegen Repräsentation oftmals kleingehalten, damit man entsprechende Szenen für bestimmte Märkte leicht herausschneiden kann. Man muss allerdings leider festhalten, dass sich seit dem Kinostart von „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ auffallend wenig im MCU getan hat.

„Thor: Love and Thunder“ zerstörte auch in dieser Hinsicht die Hoffnung. Valkyrie-Darstellerin Tessa Thompson hatte bei der Comic Con 2019 noch groß verkündet, ihre Figur sei auf der Suche nach ihrer Königin (via Cinemablend). Im Film selbst war davon allerdings nichts zu sehen. Immerhin der Steinriese Korg erhielt einen Ehemann, mit dem er ein Kind zeugte, doch auch das wurde nur in einer kurzen Szene am Ende thematisiert. Zudem gab es bei „Ms. Marvel“ und „She-Hulk“ sowie „Black Panther: Wakanda Forever“ queere Figuren, die allerdings allesamt Nebencharaktere waren, deren sexuelle Orientierung zudem teilweise ebenfalls nur in einer einzigen Szene angesprochen wurde.

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Eventuell könnte Deadpool (Ryan Reynolds) ja für Abhilfe sorgen. Hier stellt sich schließlich die Frage, ob der Söldner mit dem losen Mundwerk endlich wie in den Comics als pansexuell dargestellt wird. Das macht ein weiteres Problem des Franchise deutlich: Die Titel haben so lange die LGBTQIA+-Community ignoriert, dass der vermeintlich große Schritt, bisexuelle und homosexuelle Figuren zu zeigen, nicht genug ist. Schließlich gibt es weitere Ausprägungen von Sexualität und Geschlechtsidentität, die jeweils von teils Millionen von Menschen auf der ganzen Welt gelebt werden. Pläne für beispielsweise trans*, asexuelle und offen nicht-binäre Figuren sind derzeit allerdings nicht bekannt.

Obwohl Fortschritt also definitiv erkennbar ist, wird das MCU seiner Vorbildrolle weiterhin nicht gerecht und eines dürfte angesichts der vielen versäumten und verpatzten Chancen klar sein: Die LGBTQIA+-Community ist es leid, dass der Hollywood-Mainstream und mit ihm die erfolgreichste Kinoreihe aller Zeiten so lange braucht, um endlich im Hier und Jetzt anzukommen.

Das MCU quillt über vor Figuren. An wie viele Namen könnt ihr euch aber noch erinnern?

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